74von Glanzbildern für Poesiealben oder zum Tauschen. Die Chromolithographie begründete einen ganzen neuen Industriezweig.Das Verfahren ließ sich auch hervorragend für preiswerte Bilddrucke einsetzen, die für eine nicht gehobene Käuferschicht erschwinglich war. DerBedarf an Bildern war vorhanden, wie ein großes umfangreiches Musterbuch„mit bemalten, vergoldeten, versilberten, gepressten und verschiedendekorierten Papieren“ aus Paris zeigt(Abb. 59), wobei der Begriff„bemalt“früher sowohl handkolorierte als auch gedruckte Bilder umfasste. ZwischenModekupfern, Genre- und Landschaftsszenen befinden sich auch einigeMotive aus dem Leben Jesu, die man sich rahmen und in den Herrgottswinkel hängen konnte. Die Szenen, übertitelt mit„Vie de Jésus-Christ“(DasLeben Jesu Christi) sind auf hochglänzendes Papier gedruckt. Eine zeigtetwa die„Anbetung der Hirten“, eine andere die„Flucht nach Ägypten“.Die nächste Station im Leben Christi ist die„Taufe Christi durch Johannesden Täufer“, die hier anhand von zwei Objekten vorgestellt werden soll.Sterzing ist über Jahrhunderte hinweg eine Hochburg der Hornarbeitengewesen. Sterzinger Arbeiten sind nicht nur berühmt, sondern auchtypisch in ihrer Anmutung und haben einen hohen Wiedererkennungswert. Doch wird der Werkstoff hier auf gänzlich andere Art bearbeitet alsbei der oben beschriebenen schwarzen Dose. Die feuchten Hornplattenwerden in Formen gepresst, die jedoch keine Muster tragen. Die Dekoreentstehen auf der glatten Oberfläche durch Einritzen der Zeichnungenund anschließendes Bestreichen mit Farbe, wobei die Farben dauerhaftin den Ritzen haften bleiben und die überschüssige Farbe weggewischtwird. In der Metalltechnik bezeichnet man dieses Verfahren als„Niello“,wenn etwa Silber auf diese Weise mit schwarzen Zeichnungen versehenwird. Ein Löffel in derselben Technik ist uns bereits weiter oben begegnet(vgl. Abb. 32).Die„Taufe Christi“ auf einer Sterzinger Horndose(Abb. 61) kommt einemGemälde des flämischen Malers Joachim Patinir(auch Patenier) aus demJahr 1515 sehr nahe, das sich heute im Kunsthistorischen Museum Wienbefindet und möglicherweise als Vorlage gedient hat. Der italienischeMaler Guido Reni lieferte dagegen mit seinem Gemälde aus dem Jahr1623, heute ebenfalls im Kunsthistorischen Museum Wien, ganz sicher dieVorlage für ein kleines Medaillon, das minutiös nach dem Gemälde ausMetallblech gepresst oder geprägt wurde(Abb. 60). Es ist das Pendant zursoeben besprochenen„Geburt Christi“; beide Medaillons entstammenderselben Mustertafel.