84 Anspruch, widerstandsfähiger als natürlicher Alabaster zu sein, konnte er nicht einlösen, ganz im Gegenteil. Auch unser Kruzifix zeugt davon, weist es doch etliche Brüche und Absplitterungen auf. Wie wir bereits weiter oben gesehen haben, ist auch auf der kleinsten Fläche Platz für eine bildliche Darstellung, etwa auf einem Knopf. Und so findet sich eine verblüffende kleine Kreuzigungs-Szene auf einem gepräg ten Metallknopf, inmitten einer Musterkarte dekorativer, rein ornamentierter Stücke(Abb. 70).„Ordinär“, so hätte man im damaligen Sprachgebrauch wohl gesagt. Als vorletzte Station aus dem Leben Christi sei hier ein kleiner Weihbrunnkessel(Weihwasserbecken) mit der Szene der„Kreuzabnahme“ erwähnt. Er ist aus Silber, teils getrieben, teils gegossen; das herausnehmbare Becken ist vergoldet(Abb. 71). Die„Himmelfahrt Christi“ beschließt die Stationen aus dem Leben Jesu Christi, hier am Beispiel eines leider unsignierten Glasschnitts aus Böhmen(Abb. 72). Das Schneiden(Gravieren) und das Kugeln(Schleifen) von Glas gehören zu den mechanisch„ab“tragenden Verfahren, wobei sich das Gravieren als eine verfeinerte Technik des Schleifens verstehen lässt. Schliffmuster sind meist geometrisch, Gravuren zeichnen sich durch freie Gestaltung aus. Der Glaskugler(Schleifer) arbeitet mit gröberen Werkzeugen, der Graveur(Schneider) mit kleinen Schneiderädchen, die meistens aus Kupfer sind. Im Unterschied dazu stehen die„auf“tragenden Verfahren wie die Glasmalerei. In dem hier vorgestellten Himmelfahrts-Pokal ist nicht die ganze Figur des in den Himmel auffahrenden Jesus gezeigt, wie etwa in dem berühmten Gemälde von Rembrandt aus dem Jahr 1636, das sich in der Alten Pinakothek in München befindet, sondern nur die Füße und die auf der Erde zurückgelassenen Fußabdrücke sind bildlich thematisiert. Dies ist jedoch nicht so außergewöhnlich, wie es scheint. Hatte doch etwa Albrecht Dürer genau dieses Sujet in der Reihe seiner Holzschnitte zur„Kleinen Passion“ um 1510 so dargestellt. Bei allen Unterschieden in der sonstigen Personenkonstellation darf vermutet werden, dass hier Dürer als Inspiration nicht unwesentlichen Einfluss hatte. Wir kehren nachfolgend noch einmal zum„Letzten Abendmahl“ zurück, das nach dem Vorbild von Leonardo da Vinci zahlreiche kunstgewerbliche Kopien erfahren hat.
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Ikonographie und Technik : ... oder wie die Bilder auf die Objekte
kommen / Mechthild Dubbi
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84
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