105Eine kleine Marienbüste unbekannter Herkunft wurde aus Alabaster ge fertigt(Abb. 96). Alabaster ist chemisch betrachtet ein Calciumsulfat undschaut optisch dem Marmor recht ähnlich. Im Unterschied zum Marmor istAlabaster nicht wetterbeständig und wird daher nur für Objekte in Innenräumen bildhauerisch bearbeitet.Doch Marienverehrung geht auch wesentlich bunter, wie eine Wachsfigurmit dem Titel„Hl. Jungfrau Maria“ zeigt, die um 1900 herum entstandensein dürfte(Abb. 98). Wir assoziieren Wachsfiguren vermutlich spontan mitjenen im Wachsfigurenkabinett der Madame Tussaud. Über Jahrhundertehinweg war jedoch die Wachsbildnerei ein traditionelles Kunsthandwerk,das von den Wachsbossierern ausgeübt wurde, die Gegenstände vielerleiArt herstellten, darunter anatomische Präparate oder auch Krippenfiguren und andere Devotionalien. In diese Kategorie lässt sich unser Objekteinreihen. Eine weitere Wachsfigur ist uns oben bereits als Kaiserbüstebegegnet(vgl. Abb. 13).Das Bossierwachs, eine Mischung aus Wachs und anderen Ingredienzenwie Terpentinöl, Schweinefett oder Kolophonium, kann entweder mit demBossiergriffel modelliert oder in Gips- bzw. Holzformen gegossen werden. Es lässt sich auch einfärben, etwa durch einen Zusatz von Zinnober(rot) oder Grünspan(grün). Durch das Gießen lassen sich massive Figurenerzeugen, indem man die Form ganz befüllt und das Wachs in der Formerkalten lässt. Soll eine hohle Figur gegossen werden, so schwenkt mandas eingegossene Wachs in der Form herum und lässt die sich an denInnenwänden bildenden Schichten erkalten; ein Verfahren, wie es heutenoch bei der Erzeugung von Schokoladefiguren angewendet wird.Die Frage, ob die hier vorgestellte„Hl. Jungfrau Maria“ ursprünglichein Jesuskind auf dem linken, leider abgebrochenen Arm trug, wie manaufgrund des Winkels des noch vorhandenen Oberarms vermuten könnte,ist leicht zu beantworten. Nein, das tat sie nicht, denn bei dem Bildtypushandelt es sich um eine„Maria immaculata conceptio“, um eine„Mariader unbefleckten Empfängnis“. So erklärt sich auch der Titel des Objekts:„Hl. Jungfrau Maria“. Die wesentlichen Attribute dieses Marientypus sinddie Weltkugel, die Schlange, der Sternenkranz, und eine(hier fehlende)Mondsichel. Maria zertritt den Kopf der Schlange, die für die Erbsündesteht, sich um die Weltkugel windet und einen Apfel im Maul trägt, alsSinnbild für den Sündenfall. Dabei steht Maria im strahlenden Sternenkranz auf der Weltkugel, als Symbol für den Sieg über alle Sünden dieserWelt. Manchmal hält sie noch ein Szepter in der Hand, was bei unserer