FotografischePorträts21Wegen der langen Belichtungszeiten ist es noch nicht möglich, bewegteMotive aufzunehmen. Die frühen Daguerreotypisten widmen sich deshalbvor allem unbewegten Motiven wie Stillleben, Skulpturen, Reliefs oderArchitekturmonumenten. Dabei liegt die Faszination der Aufnahmen inden zahllosen Details, die sie auf den Platten verewigen. Bei ausreichendLicht sowie einer entsprechend langen Belichtungszeit kann bei ruhendenGegenständen höchste Detailliertheit erzielt werden. Aus ebendiesemGrund sind fotografische Porträts von Personen schwierig, setzen sie dochminutenlanges unbewegtes Stillhalten voraus. Man kann die zu Fotografierenden deshalb nur angelehnt stehend, sitzend oder liegend und mitgeschlossenen Augen aufnehmen, um zu verhindern, dass sie durch Bewegen ihrer Glieder oder Lider die Aufnahme verwackeln. Darin liegt auchder Grund, warum mancher Zeitgenosse der Porträtfotografie jeglichenWert abspricht:„Porträts, von welchen man sich so viel träumte, können garnicht gegebenwerden, weil Niemand im Stande ist, zehn bis vierzehn Minuten in der vollenSonne zu sitzen, ohne Gesichter zu schneiden oder wenigstens mit denAugen zu zwinkern; weil trotz allen Feststellmaschinen es Niemand vermag,sich so ruhig zu halten, als es das Experiment benöthigt, und weil, wennwirklich Jemand die Kraft hätte so lange Zeit einen gewissen Punct zu fixiren, das Auge in dem Abbilde starr und todt, geisterähnlich oder stier würde,und der Seelenausdruck, welcher doch vorzüglich in dem Organe desSehens liegt, gänzlich verloren ginge.(…) Und dann noch Eines: WelcheDame, und Damen sind es doch, die als Porträts am meisten interessiren,welche Dame würde, abgesehen von der zuweilen nöthigen malerischenVerschönerung, ihren Teint so lange Zeit dem unmittelbaren Einflusse ihrerFeindinn und Nebenbuhlerinn, der Sonne aussetzen, um dann im trübseligenGrau in Grau, mit eingebüßten Rosenwangen, Purpurlippen, Cyanen- oderBernsteinaugen, mit dem verlorenen Milchblau der durchsichtigen Haut und5voVnEMRSaUrtCinH, 1S8K4A0MERA