22der sanften küßlichen Tinte von mildem Roth auf dem Kinne, zu erscheinen?“Zur Überwindung solcher Einschränkungen sind alsbald Bemühungenim Gang, Objektive mit höherer Lichtstärke zu entwickeln und chemischeSubstanzen mit höherer Lichtempfindlichkeit zu finden, um die Belichtungszeit zu reduzieren. Der Mathematiker Joseph Max Petzval – ebenfallsregelmäßiger Gast derFürstenhofrunde– widmet sich diesem Problem.Er berechnet ein Objektiv für Porträtaufnahmen, das eine vielfach höhereLichtstärke aufweist als in Paris produzierte Linsen. Dadurch lässt sich dieBelichtungszeit auf etwas über eine Minute senken. Anton Georg Martintestet dieses Porträtobjektiv 1840 in einer primitiven Versuchskameraaus Pappe. An einem Ende der Kamera befindet sich das Objektiv und amanderen, breiteren Ende eine Holzkassette mit kreisrunder Öffnung von97 Millimetern Durchmesser für die Bildplatte. Anders als das ebenfallsvon Petzval berechnete Landschaftsobjektiv, das keine zufriedenstellendenErgebnisse liefert, funktioniert das Porträtobjektiv anstandslos. Der OptikerVoigtländer beginnt nach Absprache mit Petzval damit, es in großer Stückzahl herzustellen und in eine von ihm entwickelte und fabrizierte Metallkamera mit kegelartigem Messinggehäuse einzubauen. Die Kamera kommtAnfang 1841 auf den Markt. Sie erzeugt runde Daguerreotypien von rund 9Zentimetern Durchmesser. Das ist dann auch das Format der Aufnahmen,denn Vergrößerungen zu machen, ist nicht möglich. Da jedoch die Eigentumsrechte am Objektiv zwischen Voigtländer und Petzval vertraglich nichtausreichend geklärt sind, kommt es zwischen den beiden zum Bruch.Andere ambitionierte Mitglieder derFürstenhofrundeverbessern diechemische Grundlage, um die Belichtungszeiten weiter zu senken. DerVerwaltungsbeamte Franz Kratochwila schreibt in derWiener Zeitungüberdie Möglichkeit,„Lichtbilder in einer Secunde zu erzeugen“,die nicht mehrallzu fern sei, nachdem er selbst mit der Voigtländer-Kamera Innenaufnahmen bereits in einer Minute und Außenaufnahmen in nur acht Sekunden hergestellt habe. An dieser Aufgabenstellung arbeiten vor allem dieBrüder Johann und Joseph Natterer. Es gelingt den beiden Studenten, beientsprechend günstigen Lichtverhältnissen die Belichtungszeit so weit zusenken, dass sogar Aufnahmen von bewegten Motiven – von spazierendenPersonen oder fahrenden Fuhrwerken – möglich werden. In derWienerZeitungheißt es darüber:„Einer der wichtigsten Schritte zur Vervollständigung der Lichtbilderzeugungist durch den rastlosen Eifer der, in den öffentlichen Blättern bereits rühm-