39 16 STEREOSKOP von Underwood& Underwood, um 1905 und unhandlichen Gepäck Länder durchreist, Meere, Flüsse und Täler über­quert sowie Felsen und Berge erklommen haben. Der Wiener Kunstverlag von Oscar Kramer verkauft das amerikanische Stereoskop; dabei handelt es sich um einen weit verbreiteten, kostengüns­tigen Handbetrachter. Die zeitgenössisch gebräuchliche Bezeichnung geht auf dessen Konstrukteur zurück, den Amerikaner Oliver Wendell Holmes, der das Modell 1861 auf den Markt bringt, aber kein Patent anmeldet. Das schlichte und preiswerte Modell wird in der Folge oft nachgebaut und über­schwemmt letztlich auch den europäischen Markt. Die günstigen Handste­reoskope sowie die immer günstigeren Stereobilder erreichen zunehmend breitere Schichten der Bevölkerung, wenngleich dieses Vergnügen für das Proletariat unerschwinglich bleibt. Die britische Tageszeitung The Times meint wohl das Kleinbürgertum, wenn sie in Bezug auf die Stereoskopie von einer Bildergalerie der Armen spricht. In weiterer Folge kommt es dennoch beinahe zum Niedergang der Stereoskopie. Die in Teilen Deutsch­lands und Österreichs eingeführte Gewerbefreiheit lässt durch die zuneh­mende Konkurrenz die Preise fallen und es kommt zu einem Überangebot an Stereoskopbildern minderer Qualität. Anton Martin spricht in diesen Ta­gen von der Mode der Stereoskopie, die, nach ihrem höchsten Aufschwung, bereits wieder im Abklang sei. Doch prognostiziert er zugleich, dass sie für den Fotografen nie ganz verschwinden werde, da sie einen wichtigen Zweig in der Kunstfotografie darstelle.