38 Papier zu machen erlaubt. Die auf Albuminpapier übertragenen Stereobild­paare können nun in großen Mengen hergestellt und entsprechend billig an ein breites Publikum gebracht werden. Neben Porträts, die jene von sich machen lassen, die es sich leisten können, zirkulieren bald auch Aufnah­men von architektonischen und natürlichen Sehenswürdigkeiten, aber auch Darstellungen weiblicher Akte aus Paris, die Malern und Bildhauern angeb­lich als kostengünstiger Ersatz für teure Modelle dienen. Die Stereoskopie entwickelt sich zu einem veritablen Geschäftszweig. Aus Angst, dass Reisefotografen aus Pariser Ateliers das Geschäft mit Wie­ner Stadtansichten an sich reißen, engagiert Carl Joseph Rospini selbst einen Fotografen der Pariser Firma Soulier& Comp. Dieser fertigt für ihn 40 Stereogramme von Wien und vom Semmering an, die er zum Verkauf anbietet. 1855 wirbt er bereits damit, mehr als 2.000 Stereomotive bieten zu können, sowie den passenden Betrachter dazu. Rospinis Stereoskope werden von Zeitgenossen gelobt. Nach französischem Vorbild in verbesser­ter Ausführung gebaut, würden sie das räumliche Sehen für den Betrach­ter sehr angenehm gestalten. Die steten Entwicklungsfortschritte lassen Stereogramme mittlerweile überaus realistisch erscheinen, was sie noch magischer macht als die an sich schon als magisch geltende Fotografie. Auf internationaler Ebene bietet die 1854 gegründete London Stereoscopic Company alsbald zahlreiche Stereogramme zur Auswahl. Nur zwei Jahre nach der Gründung hat sie bereits eine halbe Million Stereobetrachter ver­kauft. Auf der Jagd nach immer neuen Motiven entsendet sie Fotografen in alle Welt. Reiche wie arme Bürger bestaunen die sensationellen Bilder, die dabei entstehen und die für wenig Geld Unterhaltung und Anregung bieten. Die London Stereoscopic Company wirbt mit dem Slogan: Keine Familie ohne Stereoskop! Langsam öffnet sich für große Teile der Bevölkerung ein regelrechtes Fenster zur Welt, die bislang nur sehr diffus wahrgenom­men worden ist. Der französische Fotograf Antoine Claudet bezeichnet die Stereoskopie insofern als das große Panorama der Welt: Es macht uns bekannt mit Szenen, die man nur von unvollständigen Rei­seberichten her kennt, es führt uns vor die Ruinen antiker Architektur, es illustriert die historischen Dokumente alter und zerstörter Kulturen, Genie, Geschmack und Macht längst vergangener Zeitalter, mit denen wir nun so vertraut sind, als hätten wir sie selbst besucht. Wir können sie in aller Ruhe am Kamin studieren, ohne die Strapazen, Entbehrungen und Gefahren jener wagemutigen und tatkräftigen Künstler auf uns nehmen zu müssen, die, um uns Freude zu machen und Kenntnisse zu vermitteln, mit ihrem schweren