66 Verkauf. 1897 erstrahlt am Trafalgar Square, inmitten der Metropole London, der weithin sichtbare Schriftzug Kodak von einer der noch neuartigen elektrischen Leuchttafeln. Die Kodak- Vertretung für Österreich-Ungarn und für die im Osten angrenzenden Länder übernimmt 1890 die Wiener Firma R. Lechner, nachdem der neue Geschäftsführer Ernst Rieck Eastmans Fabrik in Rochester besucht hat. Damit finden Kodak- Kameras ihren Weg nach Österreich. Allzu billig sind sie nicht. Die Kodak Nr. 1 mit 65 Millime­ter-Bild, geladen mit 100 Aufnahmen, samt Ledertasche und Bedie ­nungsanleitung kostet bei Lechner immerhin 65 Gulden, die Kodak Nr. 2 mit 88 Millimeter-Bild sogar 90. Lechner bietet neben den Kameras auch das Entwicklungsservice an. Entwickeln und Kopieren der gemachten Aufnahmen inklusive einer neuen Filmladung kommt auf 27 Gulden. Als Alternative zum Entwickelnlassen gibt es das ver ­gleichsweise günstige Kodak-Laboratorium in Kofferform zum selber Ausarbeiten der Aufnahmen, das 30 Gulden kostet. Die Firma R. Lech­ner reagiert allerdings auch mit eigenen Entwicklungen auf die nord­amerikanischen Neuigkeiten. So schreibt Geschäftsführer Rieck über den Wunsch, die von Eastman produzierten Filmspulen, die man bei Tageslicht wechseln kann, auch für andere Kameramodelle zu adaptieren. Man konstruiert deshalb eine eigene Rollfilmkassette, die wie eine Plattenkassette auf die Kamera aufgesetzt wird und somit für jede Handkamera der Firma Lechner passend gemacht werden kann. Sie besteht aus einem Holzkästchen, in dessen Inneren sich Spulen befinden, auf die der Film aufgewickelt wird. Das Wechseln des Films ist ganz einfach und auch bei Tageslicht möglich, verspricht der Hersteller. Eine neue Handkamera, genanntLechners Lilicamera, einschmuckes, mit Seehundleder überzogenes Kästchen, ist aus­schließlich für den Gebrauch solchen Tageslichtrollfilms konzipiert. Da Zelluloid-Rollfilme jedoch vergleichsweise teuer sind, rät Ludwig David Fotografie-Anfängern stattdessen auf die in Berlin hergestellten und viel billigerenSecco-Films, also auf abziehbares Negativpapier, zurückzugreifen. Eastmans Erfolg manifestiert sich vor allem an einem Kameratyp, den Kodak ab 1900 auf den Markt bringt: an der Rollfilm-Boxkamera Brownie. Das Marketingkonzept richtet sich an Kinder dieBrownies