Soldiers camera 99 1914 bricht der Erste Weltkrieg aus, der geprägt ist durch bildreiche Be­richterstattung in Boulevardzeitungen und Illustrierten. Sind es zunächst Zeichnungen, die in den Zeitungen abgedruckt werden, so werden diese zunehmend durch Fotografien verdrängt. Bemerkenswerterweise sehen die Menschen zu Hause aber trotzdem so gut wie nichts von der Wirklich­keit der Schlachtfelder. Es gelten strenge Zensurgesetze und Fotografen unterstehen wie alle Journalisten der militärischen Befehlsgewalt. Die Armeeführungen versuchen die Fronten neugierigen Blicken zu entzie­hen, da sie um die militärische Geheimhaltung fürchten. Man sieht in der Kamera ein Mittel der allüberall vermuteten Spionage. Alle aufgenomme­nen Fotografien müssen deshalb diverse Zensurstellen durchlaufen, wo sie kontrolliert, eingezogen oder zur Veröffentlichung freigegeben werden. Außerdem herrscht an den eigentlichen Fronten anfangs ein weitgehendes Fotografierverbot. Unter dem Vorwand, militärische Geheimnisse wahren zu müssen, werden Pressefotografen aber auch deshalb ferngehalten, damit sie keine unliebsamen Erscheinungen der Kriegsführung wie militärische Missstände oder Niederlagen an die Öffentlichkeit bringen können. Man fürchtet um die Kriegsmoral im Hinterland. Das millionenfache Sterben an den Fronten, die zerfetzten, verbrannten oder verwesenden Leiber, die nichts Heroisches an sich haben, sind in den Zeitungen kaum zu sehen. Vor allem nicht die Gefallenen der eigenen Seite, die bei Angehörigen unwei­gerlich die Furcht auslösen, es könnte sich um den Vater, Bruder, Ehemann oder Sohn handeln. Da solche Ängste die Kriegswilligkeit der Bevölkerung unweigerlich untergraben, werden die eigenen Toten aus der Bildberichter­stattung verbannt. Eine Bedrohung sieht die Militärführung auch in der Amateurfotografie, die sich dank der immer einfacher zu bedienenden und immer erschwing­licheren Fotokameras verbreitet. Der Krieg stellt sich für zahllose Soldaten auf allen Seiten als nie dagewesenes Abenteuer und Spektakel dar, das 5 im 2 Der Amateurfotograf Krieg, 1917