73Das gilt besonders auch für das Quartettspiel„Lustiger Alltag“, einesder künstlerisch interessantesten und vermutlich seltensten Spiele in derSammlung des Technischen Museums Wien. Es wurde von der WienerGrafikerin Hanna Schiff(1902–1942) entworfen, deren Werk erst in denletzten Jahren wieder Beachtung fand, unter anderem in einer Ausstellungim Jüdischen Museum Wien.10In den 1920er-Jahren studierte Hanna Schiffan der Kunstgewerbeschule und der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Es war die Zeit, in der sich die Gebrauchsgrafik, Vorläuferindes heutigen Grafikdesigns, als eigenständige Disziplin der angewandtenKunst ausbildete. Ab 1929 war Hanna Schiff eines von wenigen weiblichenMitgliedern im 1926/27 gegründeten, damals richtungweisenden BundÖsterreichischer Gebrauchsgraphiker.111938 wurde Schiff, die Jüdin war, vonder Gestapo festgenommen und nach Berlin überstellt. Offiziell„verstarb“sie dort 1942 in Haft.12Obwohl Schiff für größere Firmen, wie Meinl oderLux-Seifen, Aufträge ausführte, sind fast keine Arbeiten von ihr überliefert.13Erhalten geblieben ist ein Kinderbuch mit dem Titel„Rellis Ritt insRätselland“(1933), das Hanna Schiff selbst verfasst und illustriert hat. DasQuartettspiel in der Sammlung des Technischen Museums Wien erschienim Wiener Steyrermühl Verlag, vermutlich in den späten 1920er- oder frühen1930er-Jahren. Das Kartenspiel greift Orte des Alltags von Schulkindernauf und fasst jeweils vier dafür typische Charaktere oder Gegenstände alsQuartett zusammen. Mit dem Titel„Lustiger Alltag“ scheint es mit den„Happy-Families“-Spielen verwandt zu sein(vgl. Beitrag von Franz Rendl).Wie bei diesen sind die Darstellungen karikaturistisch angelegt und humorvoll. Besonders im Vergleich zum oben erwähnten Sprachenspiel von BritaEllström wirken die Kinder kesser, lebhafter und weniger bürgerlich. Mit denZeiten hat sich wohl auch das Zielpublikum geändert. Über die Auflagenzahlund den Anlass, das Quartettspiel zu gestalten, ist nicht mehr bekannt. DasSpiel ist dennoch zweifellos ein wertvolles Zeugnis des Schaffens von HannaSchiff. Und auch an ihm zeigt sich die Nähe des Quartettspiels zum Kinderbuch und zur Kunsterziehungsbewegung, war Wien doch mit der Kunstgewerbeschule ein Zentrum der modernen Kunstpädagogik.14Fotografien und PostkartenAber nicht nur hochwertige Illustrationen zierten die Quartettkarten derersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Schon ab etwa 1910 begannen Verlage auch fotografische Vorlagen einzusetzen. Otto Maier und Josef Scholzwaren Pioniere dafür.15Aus dem Verlag Otto Maier stammt das„SchweizerQuartettspiel“(vor 1924). Auf einem dem Spiel beigelegten Papier ist die