140 die Arbeitsteilung bei reproduktiven Tätigkeiten zwischen Mann und Frau noch nicht einmal ein Gedanke. Auf Grundlage der Volkszählung von 1961 schätzte er die Zahl der Frauen, die neben ihrem Beruf noch einen Haushalt zu führen hatten, auf eine Million. Die eigentliche Mehrfachbe­lastung wurde aber damals nur in der Kombination von Kindererziehung innerhalb der klassischen Familie und der gleichzeitigen Ausübung einer Berufstätigkeit gesehen. Das bedeutete, dass nur Kinder bis zum 14. Lebensjahr in diese Betrachtung einbezogen wurden, Alleinerzieherinnen fielen aufgrundanders einzustufender Berufs- und Erziehungsprobleme überhaupt aus der Statistik heraus. Zu guter Letzt rechnete Hansluwka auch noch die in der Land- und Forstwirtschaft tätigen immerhin 144.000 (verheirateten) Frauen mit Kindern heraus, da bei diesen die Betreu­ungsprobleme wegen der örtlichen Identität von Heim und Arbeitsstätte anderes gelagert seien als bei Berufstätigen in Industrie und Gewerbe beziehungsweise im Dienstleistungsbereich. Übrig blieben somit gerade einmal 120.000 Frauen, um die sich die allerorts so hitzig geführte Debatte zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie drehte. 5 Schließlich kam der Autor zum Ergebnis, dass Teilzeitarbeit undHilfsdienste wie Kindergärten es Frauen ermöglichten,am Erwerbsleben teilzunehmen und so zum Fami­lieneinkommen beizutragen, ohne daß die Belange der Familie ernsthaft geschmälert werden. 6 Die Gleichstellung von Mann und Frau in Beruf und Familie wurde 1966 nicht in Erwägung gezogen. Dieses Beispiel soll paradigmatisch veranschaulichen, welche mehrheits­fähige Haltung das Bild der Geschlechterrollen in Wirtschaft und Gesell­schaft prägte. Dabei hatte die Akzeptanz der weiblichen Erwerbstätigkeit bereits einen beachtlichen Werdegang hinter sich. Viele Jahrzehnte davor hatten sich mit der Verbreitung des Fernmeldewesens neue Berufsmög­lichkeiten für Frauen ergeben. Da der Postdienst traditionell Männern vorbehalten war, erschien die Berufstätigkeit von Frauen Ende des 19. Jahrhunderts offensichtlich als erklärungsbedürftig. Es ist generell müßig, sich über die damals weitverbreitete, übertriebene Hervorhebung der beruflichen Eignung von Frauen lustig zu machen, wenn beispielweise von dernatürliche(n) Befähigung des Weibes für den Fernsprech-Vermitt­lungsdienst die Rede war.7 Dies sagt eher etwas über den beschwerlichen Weg bis zur zumindest gesetzlichen Gleichstellung durch die Familien­rechtsreform der 1970er-Jahre aus. Einschränkungen der persönlichen Freiheit, die heute als menschenrechtswidrig eingestuft werden und im geltenden Arbeitsrecht im Fall einer Vertragsauflösung den Tatbestand der Motivkündigung erfüllen, waren um 1900 Teil der Dienstvorschriften: Heiratete beispielsweise eine Post-Beamtin, so erfolgte mit dem Tag der