128 Identifizierung ohne die darüber schwebende charakteristische Madonna kaum möglich wäre. Die bildliche Vorlage selbst ließ sich nicht eruieren. Ganz anders verhält es sich bei einem kleinen Zündholzbehälter unbekannter Herkunft, gefertigt aus Messing(Abb.121). Hier ist es eine auf Papier gedruckte lithographierte Darstellung, die mit einer kleinen Glasscheibe auf die Metallhülse montiert wurde. Eine Farblithographie aus dem Jahr 1890 kommt der Abbildung so nahe, dass man sie als Vorlage vermuten darf. Wenn man bei der Abbildung auf dem Zündholzbehälter spontan an eine Ansichtskarte denkt, so trügt der Schein nicht. Der Druck in Schwarz/Weiß/Sepia findet sich etwa in einer„Correspondenz-Karte“, die im Jahr 1907 postalisch gelaufen ist(Abb. 120). Damit lässt sich das Objekt der Sammlung um 1900 datieren. Eine letzte„Magna Mater Austriae“ soll hier vorgestellt werden. Stilisierter geht es kaum, wiedererkennbar ist sie dennoch. Auf das absolut Wesentliche ist sie reduziert, auf die so typischen zwei Dreiecke, aus denen die Köpfe mit Kronen herausragen. Doch noch interessanter ist der Werkstoff des Objekts. Denn erneut begegnet uns hier der künstliche Alabaster. Die kleine Plakette gehört zu dem bereits gezeigten Kruzifix aus einer Musterschatulle(Abb. 122). Wie wir dort gesehen haben, bestand künstlicher Alabaster in den meisten Fällen aus Gips und Alaun, nur Lorenz Rohlik hatte den Versuch gewagt, reinen Salpeter zu schmelzen. Das Ergebnis fand bei den Zeitgenossen nicht nur positive Resonanz. Es schaue dem Alabaster nicht sehr ähnlich und sei nicht sehr beständig, so lautete die Kritik. Letztendlich konnte sich die Erfindung nicht durchsetzen. Abschließend soll noch ein Objekt zur Diskussion gestellt werden, das eine Frage aufwirft: Darf man auch hier Anklänge an die Mariazeller Madonna vermuten? Ein Mustertableau mit 78 bemalten Holzlöffeln(Abb. 123) aus der„Fachschule Neunkirchen“ in Niederösterreich, ausgewiesen als „Bauernmalerei“, lässt sich wohl als volkstümlich bezeichnen oder dem Bereich der Volkskunde zuordnen. Neben Blumenmotiven, Wasserträgerinnen und anderen Sujets aus dem volkskundlichen Gebiet findet sich eine„Mutter und Kind“-Darstellung, die aufgrund der beiden Heiligenscheine in den religiösen Bereich weist. Die typische Glockenform, die die „Magna Mater Austriae“ auszeichnet, fehlt, doch das in die Mutterfigur eingeschriebene Dreieck des Kindes weist über die Darstellung eines einfachen Wickelkindes hinaus. Wer immer diese naive Malerei ausgeführt hat, mag auch er das Bild der Mariazeller Gnadenmutter vor Augen gehabt haben?
Dokument
Ikonographie und Technik : ... oder wie die Bilder auf die Objekte
kommen / Mechthild Dubbi
Seite
128
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