153Mit zu den entzückendsten Szenen gehören die auf einem KeramikPunschtopf:„Venus maßregelt Amor“ und„Amor belehrt Venus“(Abb.147). Hier nun endlich revanchiert sich der ständig gescholtene kleinegeflügelte Kerl. Der Hersteller ist nicht bekannt, das Stück gelangte 1838über einen Wiener Händler aus Frankreich in die Sammlung. Die einfärbige,rotbraune, matte, unglasierte, mit Basreliefs versehene Keramik kann nichtverhehlen, dass auch sie bestrebt ist, dem Zeitgeist Rechnung zu tragenund von Wedgwood beeinflusst ist. Wedgwood so nahe wie möglich zukommen, das war das Ziel vieler Nachahmer.Die obigen Szenen„Venus maßregelt Amor“ und„Amor belehrt Venus“ tauchen in leicht abgewandelter Form auch im Bildrepertoire desböhmischen Keramikherstellers Vincenz Huffzky auf. Auch dieser hattesich Wedgwood zum Vorbild genommen und eine neue Keramik mit demNamen Terralith entwickelt. Ein gelb glasiertes Milchtöpfchen war auf derWiener Gewerbeausstellung 1845 zu sehen(Abb. 146) mit dem Vermerk,Huffzky habe seine feinen, Terralith genannten Tonwaren mit einem harten,der Wedgwood’schen Jasperware ähnlichen Keramikscherben produziert. Im Unterschied zu Wedgwood waren diese Terralithe jedoch farbigglasiert. An anderer Stelle ist zu lesen, die Terralithfabrik Huffzky stelle nunauch„eine Art gelbes Steingutgeschirr“ her. Die Motive der Basreliefswaren jedoch kopiert und lediglich neu arrangiert worden. So finden wirauf dem gelben Milchtöpfchen jeweils nur den Amor der beiden obigenMotive, Venus wurde eliminiert. Die Reliefs sind nicht sehr fein ausgeführt,wie an den gebrochenen Flügeln zu sehen ist.Maßregeln, Ausschimpfen, Entwaffnen – all das ist jedoch nichts im Vergleich zu einer Züchtigung, wie sie in einer Skulptur aus Niederösterreichzu sehen ist(Abb. 148). Kronos, der zunächst seinen Vater Uranus gestürzthatte und später von seinem Sohn Zeus selbst gestürzt wurde, wird erstseit der Spätantike mit dem griechischen Wort„chronos“ in Zusammenhang gebracht. Seitdem galt er als der Herrscher über die Zeit. Dem Mythosnach hatte der immer zu Lausbubenstreichen aufgelegte Eros/Amor demChronos die Sanduhr gestohlen. Dafür wird er drakonisch bestraft, indemihm die Flügel gestutzt werden. Als Inspiration zu der Szene, die hierin weiß glasierter Keramik als Skulpturengruppe ausgeführt ist, darf einGemälde aus dem 17. Jahrhundert vermutet werden, das dem flämischenMaler Anton(auch Antoon oder Anthonis) van Dyck zugeschrieben wird.Kehren wir zu Venus und Amor zurück. Auch Venus ist eine Mutter, dieihren Sohn hin und wieder auf den Schoß nimmt, wie in einer Darstellung