163purne Tor und die rosendurchleuchteten Hallen“(Ovid, Metamorphosen,2. Buch, 112). Eigentlich handelt es sich bei dem römischen Sonnengott,der ihr auf seinem Wagen folgt und den Tag bringt, um Sol, doch wurdein späterer Zeit Apoll(oder Apollon) immer mehr mit dem Sonnengottgleichgesetzt. Dadurch waren jedoch die einstigen griechischen Verwandtschaftsverhältnisse zerstört, war doch bei den Griechen die ganze Familietätig: Eos(Aurora) als Göttin der Morgenröte, ihr Bruder Helios(Sol) alsSonnengott und ihre Schwester Selene(Luna) als Göttin des Mondes, wiewir bereits gesehen haben.AURORA MUSIS AMICA.(Die Morgenstunde ist die Freundin der Musen.)So steht es unter einem Farbholzschnitt des bekannten Bildes(Abb. 156).Doch sind es nicht die Musen, die diesen Zug begleiten. Es handelt sichvielmehr um die Horen, die Schutzgöttinnen für die Stunden von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.Wer das Fresko von Guido Reni kennt, weiß, dass der Farbholzschnitt nichtan die Farbenpracht des Originals heranreicht, er löst jedoch die wichtigsten Aussagen des Gemäldes ein: der rosafarbene Streifen am Horizontrechts im Bild kündet den beginnenden Tag, die leuchtenden Gewänderder beiden Stundengöttinnen im Vordergrund(in kräftigem Blau und Rot)zeigen die kommenden Stunden, während die blasseren Gewänder derGenossinnen für die vergehenden und vergangenen Stunden stehen. DerMehrfarben-Holzschnitt dürfte um 1900 herum entstanden sein. Bei derTechnik handelt es sich um ein Hochdruckverfahren, bei dem das Bildspiegelverkehrt in Holz geschnitten wird, wobei die zu druckende Zeichnung in Form von Stegen, Graten oder inselartigen Flächen herausgearbeitet wird. Will man in mehreren Farben drucken, so braucht es für jedeFarbe eine eigene Druckplatte, die nur die in dieser Farbe zu druckendeZeichnung trägt, insgesamt also ein recht aufwändiges Verfahren.Das Kunstgewerbe hat sich ebenfalls des berühmten Freskos angenommen. Der Hersteller eines Papierfächers(Abb. 157) etwa ist nicht bekannt,lediglich der Wiener Händler, der ihn im Jahr 1841 in die Sammlung eingebracht hat. Wer immer die„Aurora“ gemalt bzw. einen Druck von Handkoloriert hat, er hat sich alle Freiheiten herausgenommen. Möglicherweiseoder mit großer Wahrscheinlichkeit hat er das Original nicht gekannt, sondern nur die grafische Reproduktion des Gemäldes. Die Unbekümmertheitin der Farbgebung der Gewänder der sieben Horen tut der inhaltlichenAussage des Bildes keinen schwerwiegenden Abbruch. Das grelle Rot desApoll jedoch rückt den Sonnengott ins Zentrum der Szene, die eigentlich