Schienenwege in die Moderne : die Wiener Stadtbahn und Otto Wagners
Architektur / Carla Camilleri, Roman Hans Gröger, Bettina Jernej, Sandra Rosenbichler, Thomas Winkler
Viele Planungen für eine LösungRoman Hans Gröger11Die Ringstraße als erste ChanceMit dem kaiserlichen Erlass zum Abbruch der Stadtmauer und zur Errichtung der Ringstraße im Dezember 1857 sollte die beengende Wirkung derStadtmauern beseitigt werden und an die Stelle der alten Befestigungsanlagen eine dem Reich würdige Prunkstraße treten.1Diese Planungenboten auch dem zunehmenden öffentlichen Verkehr neue Möglichkeiten,wobei zunächst das Zeitalter der Pferdestraßenbahnen einsetzte. Im Jahr1865 wurde die erste reguläre Linie vom Schottentor nach Dornbacheröffnet, und die zu jener Zeit ausschließlich privaten Straßenbahngesellschaften traten bald in einen heftigen Konkurrenzkampf. Bereits anhandder entwickelten Netzpläne zeigte sich deutlich, dass die damals noch imBau befindliche Ringstraße das verkehrstechnische Zentrum der Zukunftdarstellen würde.2Noch vor der Fahrt der ersten Straßenbahn entwickelte der StadtplanerLudwig Zettl 1858 die Idee, den ehemaligen Stadtgraben zu überwölben,um in dem so entstehenden Tunnel eine schienengeführte Güterpferdebahn rund um die Stadt einzurichten. Ausgehend von diesem nichtverwirklichten Projekt setzte sich bis Ende der 1860er-Jahre die Erkenntnis durch, dass der öffentliche Verkehr Wiens entlang der ringförmigenStraßen rund um die Stadt – Ringstraße, Gürtelstraße, Donaukanallände –geführt werden sollte. Diese Lösung hatte den Vorteil, sämtliche Bahnhöfein das Liniensystem miteinbeziehen zu können, und es setzte rasch einWettlauf um das beste Konzept zur Errichtung einer Kreisbahn rund umWien ein.Dazu war es jedoch notwendig, auch den Linienwall zu beseitigen. Obwohlschon zu Beginn der 1860er-Jahre Anträge zur Errichtung einer Schnellverkehrsverbindung im Bereich des ehemaligen Linienwalls vorlagen, befürworteten sowohl das Handels- als auch das Finanzministerium zunächstnur die Errichtung einer Straße.3