Urbane VeränderungZum Bau der Wiener StadtbahnBettina Jernej59Wien wuchs unter anderem durch die zweite Stadterweiterung zu einerGroßstadt mit 1,6 Millionen Einwohnern.1Der Abbruch des Linienwalls, dieÖffnung der Stadt nach außen und die Eingemeindung der Wiener Vororteab 1890 machten die Notwendigkeit einer Stadtbahn virulent. Es gab zahlreiche Überlegungen und Vorprojekte zur besseren Verkehrserschließungder Stadt.2Nun war die Zeit für große urbane Veränderungen gekommen:der Bau einer Stadtbahn, die nicht nur bestehende Verkehrswege, wie dieKaiser-Ferdinands-Nordbahn oder die Kaiserin-Elisabeth-Bahn(Westbahn)miteinander verband, sondern auch die Stadt erschloss.Der offizielle Baubeginn der Wiener Stadtbahn war der 16. Februar 1893.Es stellte sich schnell heraus, dass ein Bau nur im Zusammenhang miteiner Regulierung des Wienflusses, der Ausführung von Sammelkanälenlängs der Wien und einem Ausbau des Donaukanals erfolgen konnte. Umdiese umfangreichen Arbeiten zentral leiten zu können, schuf man die„Commission für Verkehrsanlagen“. Otto Wagner, als künstlerischer Beiratder Kommission bestellt, nahm selbst am Wettbewerb um den Generalregulierungsplan für Wien teil und erhielt 1894 einen der beiden erstenPreise für sein Projekt„Artis sola domina necessitas“. Am 22. Mai 1894schloss die k. k. General-Direktion der österreichischen Staatsbahneneinen Kontrakt mit Baurat Otto Wagner, in dem er sich verpflichtete allearchitektonischen Entwürfe für die Ausführungen der Stadtbahnlinienauszuarbeiten. Somit oblagen ihm jegliche baulichen Ausgestaltungendes Unter- sowie des Hochbaus inklusive Innendekorationen und Möblierung.3Er legte besonderen Wert auf eine den technischen Bauaufgabenentsprechende Formensprache, die sich harmonisch in die Stadtlandschafteinfügte.Das Netz der Wiener Stadtbahn umfasste vier verwirklichte Linien mit einerGesamtlänge von rund 38 Kilometern. Die Gürtellinie reichte vom Bahnhof Heiligenstadt bis zur Station Meidling-Hauptstraße. In einen oberen,