10 ein beliebig geformtes Loch in einen dunklen Raum fallen, kann man sehen, daß die halbmondförmige Sonne immer kleiner wird, während der Mond die Sonne immer mehr verdeckt. 1482 erscheint eine Übersetzung von Peckhams Werk Perspectiva communis ins Italienische, die den Florentiner Universalgelehrten und Künstler Leonardo da Vinci inspiriert. Leonardo selbst schreibt zum Phänomen der Camera obscura: Wenn die Bilder von beleuchteten Gegenständen durch ein kleines rundes Loch in einen sehr dunklen Raum fallen und man sie auf einem Blatt weißen Papier empfängt, das in dem Raum in einiger Entfernung senkrecht zur Öffnung gehalten wird, dann wird man auf dem Papier alle diese Gegenstän­de in ihren natürlichen Formen und Farben abgebildet sehen. Sie sind aber verkleinert und umgekehrt, weil sich die Strahlen in der Öffnung schneiden. Kommen diese Bilder von einem Ort, der von der Sonne beschienen wird, dann wirken sie tatsächlich wie gemalt auf diesem Papier, das sehr dünn sein soll und von hinten betrachtet werden muß. Im Zeitalter der Renaissance, der Wiederentdeckung der antiken Kunst und Wissenschaft, beschäftigen sich immer mehr Gelehrte mit der Camera obscura . Sie entdecken die Bedeutung von Linsen sowie der Blende, also des Lochdurch­messers. Die meisten sehen noch die Beobachtung einer Sonnenfinsternis als wichtigste Anwendung, doch erkennt manch einer die Vorzüge für die Malerei. Der Venezianer Daniele Barbaro etwa sieht in der Camera obscura ein prakti­sches Zeichenhilfsgerät: Zieht man die projizierten Konturen mit einem Stift nach, erhält man ein korrektes perspektivisches Abbild. Hält man das Blatt unbewegt, lässt sich das Bild sogar nach dem Lichtbild korrekt schattieren und kolorieren. Der Neapolitaner Giovanni Battista della Porta macht die Camera obscura durch sein populär geschriebenes und mehrfach aufgelegtes Buch Magiae naturalis bekannt. Für della Porta empfiehlt sich die Camera obscura ebenfalls primär als Zeichenhilfe wenngleich nicht zuletzt zum Abzeichnen einer Sonnenfinster­nis. Im Jahr 1600 zeigt der deutsche Gelehrte Johannes Kepler mithilfe einer Camera obscura den staunenden Zuschauern am Grazer Hauptplatz die teilweise verfinsterte Sonne. Doch in weiterer Folge nutzt auch er die Camera obscura für Zwecke der Malerei. Kepler baut zwei Jahrzehnte nach der Vorführung in Graz ein Kamerazelt zum Zeichnen von Landschaften. Genutzt als Zeichenhilfe, bildet die Camera obscura zumeist einen ge­schlossenen Holzkasten, der eine kleine Lochöffnung aufweist. Das durch dieses Loch in den Kasten einfallende Licht erzeugt auf einer transparen­ten Wand dahinter das Abbild der Außenwelt. Das seitenverkehrte und am Kopf stehende Bild wird mitunter durch einen Umlenkspiegel rückgedreht,