18 sehr lange Belichtungszeit von bis zu einer halben Stunde zu senken. Offen­bar führt er dahingehend auch Gespräche mit dem Pariser Optiker Charles Chevalier, der gemeinsam mit seinem Vater Vincent Chevalier für Daguerre arbeitet. Jedenfalls beschuldigt Letzterer später Ettingshausen, ihm die Idee, die Belichtungszeit mittels einer Kombination achromatischer Linsen zu redu­zieren, gestohlen zu haben. Wie dem auch sei, bald danach beginnt in Wien der Mathematikprofessor Joseph Max Petzval damit, eine solche Linsenkombinati­on zu berechnen. In Wien herrscht zumindest unter Kunst- und Bildungsbeflissenen reges Interesse an der Daguerreotypie. Daguerre hat dem österreichischen Kaiser und Kanzler Metternich zwei Aufnahmen zukommen lassen, die in der k.k. Akademie der Bildenden Künste ausgestellt werden. Sie zeigen die Kathedrale Notre-Dame sowie ein antikes Ensemble im Atelier eines Bildhauers. In einem Bericht der Allgemeinen Theaterzeitung wird die Genauigkeit und Gleichmäßig­keit, mit der die Daguerreotypien ohne Zeichenstift alle Details der sichtbaren Welt wiedergäben, betont: Man sieht, daß hier die Natur selbst, die schaffende, auch wieder als Reflector gewaltet habe; denn so treu, so genau, so fehlerfrei und zugleich so höchst einfach schön, vermag nur sie, die keines Tuschs und keiner Reißfeder bedarf, abzubilden. Wer hätte geglaubt, daß es dem Menschen möglich werden könnte, den Strahl der Sonne dienstbar zu machen, und ge­wißermassen als Crayon zu benutzen? Und doch hat die Wissenschaft, die göttliche Pallas unserer Tage, dies Wunder vollbracht. Die Wissenschaft hat einen Arm der freien Kunst entwaffnet; was sonst der Willkür des Künstlers überlassen war, es wird jetzt nach einem festen und unwandelbaren che­misch-optischen Verfahren getrieben. Nachdem die Ausstellung in der k.k. Akademie der Bildenden Künste nur wenige Besucher verzeichnet, veranlasst Metternich eineinhalb Monate später, zwölf Daguerreotypien von Andreas von Ettingshausen im physika­lischen Hörsaal der Universität Wien auszustellen. Ab dem 13. November 1839 kann man die Aufnahmen dort bestaunen, wegen angeblich großen Andrangs mehr als zwei Wochen lang. Für die Bürger ist es eine überaus seltene Gelegenheit, eine der exotischen Daguerreotypien zu Gesicht zu bekommen. Das Fotografieren ist noch eine solche Kuriosität, dass die Tageszeitungen jede einzelne geplante Aufnahme, die irgendwo im öffent­lichen Raum erfolgen soll, in ihrem Chronikteil ankündigen. Darüber hinaus kann man in der Zeitung Der Österreichische Zuschauer lesen, dass man bei Paterno am Mehlmarkt einen vollständigen Daguerreotyp, bestehend