61 Erfolgreich ist Eastman auch mit der Produktion von Rollfilm-Kameras. Nachdem einer ersten kleinen Handkamera, genannt Eastman Detective Camera, noch wenig Erfolg beschieden ist, gelingt mit der 1888 heraus­gebrachten Boxkamera The Kodak Camera der Durchbruch. Geringfü­gig modifiziert kommt das Nachfolgemodell Kodak No. 1 heraus, das die Fotografie revolutioniert. Überaus einfach zu bedienen und um 25 Dollar, den Monatslohn eines Arbeiters, relativ kostengünstig zu haben, leitet sie das Zeitalter der Amateurfotografie ein. Die kaum ein Kilogramm schwere Kamera besteht aus einem 8 x 9 x 15 Zentimeter großen, mit Leder über­zogenen Holzkästchen, in dessen Inneren an der Vorderseite das Objektiv mit dem Momentverschluss sitzt und auf der Hinterseite die Halterung für den Rollfilm aus Papier. An ihrer Oberseite befindet sich eine Schnur, mit der der Verschluss gespannt wird. Eine kleine schlüsselförmige Drehvor­richtung dient zum Weiterdrehen des Films. Durch Drücken des Knopfs an der Seite der Kamera wird der Verschluss ausgelöst, die Linse wird für einen Sekundenbruchteil geöffnet und der Film durch das einfallende Licht belichtet. Die Linse hat einen fixen Fokus und lässt alles, was zumindest zweieinhalb Meter entfernt ist, halbwegs scharf erscheinen. Das Erfolgs­geheimnis dieser Kamera liegt nicht zuletzt darin, dass sie nur drei simple Bedienschritte verlangt. In der Gebrauchsanleitung heißt es: Heute ist die Photographie auf drei einfache Handgriffe reduziert worden. 1) Sie ziehen die Schnur. 2) Sie drehen den Transportknopf. 3) Sie drü­cken den Auslöser. Das ist der Kern der Photographie und von allen ihren Verbesserungen die bedeutendste. War die Kunst ehedem auf diejenigen beschränkt, die sich ihr mit Zeit und Ruhe und Raum widmen konnten, so ist sie nun jedermann zugänglich geworden. Die Kodak-Kamera ermöglicht das Kodak-System, wonach der rein mechanische Akt des Belichtens, den jeder durchführen kann, von allen chemischen Manipulationen des Präparierens und Verarbeitens, die nur von Fachleuten besorgt werden können, losgelöst wird. In zehn Minuten kann daher jeder durchschnittlich intelligente Mensch mühelos lernen, gute Bilder aufzunehmen, und zwar nicht nur probeweise, sondern immer wieder und so präzise, daß von Anfang an durchschnittlich mehr als fünfundachtzig Prozent der Bilder gelingen. Die Kodak No. 1 verfügt über einen sieben Zentimeter breiten Rollfilm für 100 Aufnahmen. Die kreisrunden Bilder haben einen Durchmesser von 6,5 Zentimetern. Bahnbrechend ist, dass man derart viele Aufnahmen machen kann, ohne die Kamera öffnen zu müssen, aber auch die Gewichtserspar­nis, die der Rollfilm gegenüber Platten mit sich bringt. Bahnbrechend ist außerdem, dass die Negative vom Fotografen nicht selbst entwickelt wer-