37Söderström schrieb seine Eindrücke nieder, die oft konträr zu denen Stinnesverliefen. Erst nach dem Tod ihres Gatten – sie heiratete Söderström 1930 –fand Clärenore seine Tagebücher, die er unter Verschluss gehalten hatte.Neben der Bewunderung für ihr Vorhaben blieb es nicht aus, dass FräuleinStinnes auch als Person im Fokus des Interesses stand. Eine Illustriertebeschrieb sie 1927 als jung, klein und niedlich wie eine Studentin, dieHosen trägt, mit einem martialischen Hut Fasson Borsalino, ständigrauchend und viel lachend. Ihre perfekten Sprachkenntnisse in Englisch,Französisch, Spanisch und Schwedisch beindruckten ebenso. Als sie in ElReal, der Hauptstadt der Provinz Darien in Panama, an Land ging, galt ihrdas größte Interesse:„Mein Auftreten in Hosen erreichte Misstrauen übermein Geschlecht.“ Erst eine„Indianierin“ nahm sich ein Herz und fragte ingebrochenem Spanisch:„Bist du Frau oder Mann?“4Clärenore Stinnes Wille zur erfolgreichen Beendigung der Reise blieb trotzschwerster Widrigkeiten ungebrochen. Ihre Reisetagebücher beschreibenSituationen, die Mensch und Maschine alles abverlangten. Da sich schonder Start der Reise streikbedingt auf den 25. Mai 1927 verschoben hatte,war aufgrund der über den Osten führenden Reiseroute und des nahenden Winters Eile geboten. Mahlzeiten wurden während der Autofahrteingenommen, die Schlafzeiten verkürzt. Trotzdem holte sie in Irkutsk derrussische Winter ein. Es galt, den zugefrorenen Baikalsee erstmals miteinem Auto zu überqueren. Bei minus 53 Grad Celsius bedurfte es einesmehrwöchigen Aufenthalts und einiger Versuche die Fahrzeuge fahrtauglich zu machen und sicher zu manövrieren. Am Dach transportierten sieBretter mit, um mögliche Bruchstellen zu überbrücken. Die Reise führtesie weiter durch die Mongolei, bis sie ein Jahr nach ihrem Start am 17.März 1928 Peking erreichten. Auf dieser Reiseetappe wurden sie nebender naturbedingten auch vor eine politische Herausforderung gestellt. Vorder Durchquerung der Wüste Gobi schickte ihnen das Auswärtige Amteine Warnung vor Überfällen kriegerischer chinesischer Deserteure. Einortskundiger chinesischer„Boy“ sollte sie durch die Gefahrenzone leiten.Stinnes fuhr den Adler, Söderström den Transportwagen, der plötzlichFeuer fing. Ein mitgeführter Feuerlöscher rettete das Auto und hunderteRollen Filmmaterial. Doch gleich darauf wurde dem Team ein mit Strohverdeckter Graben zum Verhängnis. Zwar konnte der Adler sofort durcheigene Kraft befreit werden, doch beim Transportwagen war die Vorderfeder der Motoraufhängung zu Bruch gegangen. In nur 28 Minuten konnteder Wagen repariert und wieder flott gemacht werden. Dank des siebegleitenden Guides erreichten sie unversehrt Peking. Mittels Schiff undFrachter ging ihre Fahrt von China über Japan nach Südamerika weiter.