126sie zeigten„technische Einfälle“ und seien„Fabrikate für schöne Straßen“,„jedoch auf die Dauer nicht wirtschaftlich, weil zu rascher Verschleiß“.23Mit den Herstellernationen der Automobile wurden demnach menschlicheCharaktereigenschaften verbunden. Ziel war es, dass die„Persönlichkeitdes Wagens mit der des präsumtiven Besitzers“ harmonierte.24DieseBedeutungsebene der Automobilmarken und-nationen war Teil des Spielsmit den Auto-Quartetten: Natürlich ging es auf der rein spieltaktischenEbene darum, möglichst viele Quartette zu bilden. Aber das Image derverschiedenen Quartette war unterschiedlich: Die Spieler hatten ihre Lieblingsquartette, die sie unbedingt haben wollten, und mit dieser Vorliebeverbanden sich bestimmte Charaktereigenschaften, die als besonderserstrebenswert angesehen wurden. Da galt es, den lässigen Franzosen gegen den temperamentvollen Italiener oder den luxuriösen US-Amerikanerabzuwägen. Die Wahl des Lieblingsautos beziehungsweise der Lieblingskarte war so auch eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich, ein Spielder Abgrenzungen und Übereinstimmungen mit den anderen, vermutlicheher gleichaltrigen Spielern, genauso wie gegenüber den im Spiel nichtanwesenden, aber im Alltag sehr wohl präsenten Entscheidungen undPräferenzen der erwachsenen Männer. Wählte man die gleiche Automobilmarke wie der Vater, der Onkel oder andere männliche Bezugspersonen?Das Auto-Quartett war ein Lernspiel, bei dem es eben nicht um technischeFunktionsweisen und das Verständnis um technische Zusammenhänge ging,sondern um persönliche Eigenschaften und erstrebenswerte Charakterzüge.Es war ein Spiel des Heranwachsens, der kindlich-pubertären Identitätssuche und Selbstfindung in der von einer starken Automobilisierung ergrif fenen Konsumgesellschaft der Nachkriegsjahre. Die Objekte des Quartettspiels, die Autos, waren dabei grundlegend für die Feststellung eineswesentlichen Teils dieser Identität, nämlich der geschlechtlichen. Autokaufund-besitz, so wie auch das Autofahren selbst waren in den 1960er- und1970er-Jahren in viel stärkerem Maß männlich konnotiert, als dies heutzutage der Fall ist. Indem sich Kinder und Jugendliche dem Auto-Quartettspielwidmeten, unterstrichen und bestätigten sie ihre männliche Identität. Sieerhoben Anspruch auf ihre zukünftige Rolle als erwachsene Männer underprobten in der Auswahl ihres Lieblingsautos, welche Charaktereigenschaften sie haben beziehungsweise gerne hätten, von temperamentvoll, protzig,elegant bis hin zu doch eher zweckmäßig oder zuverlässig. Im Spiel erfolgteso auch die Abgrenzung beziehungsweise die Aneignung von Haltungen,die den kindlich-jugendlichen Spielern von männlichen Vorbildern im Alltagvorgelebt wurden(vgl. den Beitrag von Wolfgang Stritzinger). TechnischeMerkmale spielten in diesen Auto-Quartetten kaum eine Rolle.