136 als Platzhalter für Charaktereigenschaften, die mit den Auto-Quartetten erprobt und im Austausch mit den Mitspielern diskutiert werden konnten. Inhaltlich verbarg sich hinter der Zusammenstellung der Quartettkarten bis­weilen eine weit umfassendere Auseinandersetzung mit dem Thema, als dies auf den Karten selbst zum Ausdruck kam. So schloss das Quartettspiel zu den historischen Automobilen von Piatnik in den 1960er-Jahren sorgfältig ausge­wählte Meilensteine aus der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung des Benzinautomobils mit ein. Auf den Karten selbst ist der Hintergrund zu dieser Auswahl nicht enthalten, textliche Informationen fehlen weitgehend. Ab den 1970er-Jahren spielten beim Übertrumpfen realitätsferne, fantas ­tische Autos eine größere Rolle. In all den Jahren aber dienten die Autos gleichermaßen als Sehnsuchtsobjekte und Projektionsfläche für die eigene Selbstfindung:Wie will ich sein und was will ich fahren? Dasgetarnte Lernen ab den 1970er-Jahren beinhaltete in viel stärkerem Ausmaß das Kennenlernen und Einordnen von technischen Daten zur Leistungsfähigkeit von Automobilen. Eine Erläuterung der technischen Zahlen war im Spiel indes nicht vorhanden. Technikverständnis war in den Auto-Quartetten nach wie vor kein Wissen um Funktionsweisen, Fehleranfälligkeiten, Reparatur­maßnahmen und Wartungsintervalle. Vielmehr ging es nun um ein Wissen über das Spektrum von Leistungsparametern, um damit den Gegner zu übertrumpfen: Sind diese PS-Zahlen eher niedrig oder eher hoch, ist das ein großer oder ein kleiner Hubraum? Die Zahlen wurden zum Code, den es zu verstehen und anzuwenden galt. Das Wissen um diese Zahlenwelten war auch die Grundlage der Spielergemeinschaft, die sich gegenüber den Nicht-SpielerInnen abgrenzte. Automobile waren im Alltag der 1950er-und 1960er-Jahre eindeutig Männersache, doch ab den 1970er-Jahren drohten die Grenzen langsam zu verschwimmen. Das Wissen um den Zahlencode wurde hier zum Eintrittsgeld für eine exklusive Gesellschaft. Das Spiel mit den Auto-Quartetten auf dem Schulhof, in der Pause und nach der Schule war ein Paradebeispiel desdoing beziehungsweiseperforming gender. Die Auto-Quartette funktionierten in all den Jahren auch dadurch, dass es eine alltägliche Ebene des Erfahrens von Autos gab, bei der die Bilder und Daten der Quartettkarten erneut abgerufen, verstärkt und teilweise auch ergänzt wurden. Dies war ein Charakteristikum, das sich in dieser Form nicht bei anderen Quartettarten, wie zum Beispiel den Jets, den Panzern oder der Hochseeschifffahrt fand. Auto-Quartette waren näher am Alltag und an der Lebensrealität der Spielenden. Dies machte sie umso wertvol­ler für die Selbstfindungsprozesse, die mit ihnen betrieben wurden.