12 sen von Funkhorcheinheiten, die die Absichten der gegnerischen Führung erlauschen konnten. Darin zeigt sich die Bedeutung der Funkaufklärung, die in den Jahren des Weltkrieges ein unverzichtbares Kriegsmittel gewor­den ist. Die Kämpfe zwischen polnischen und russischen Truppen werden jedoch auch in Deutschland belauscht. Für die deutsche Generalität ist es eine willkommene Möglichkeit, Einblick in die Funkgewohnheiten künftiger Kriegsgegner zu nehmen, und eine gute Gelegenheit zur Schulung des eigenen Horchdienstes, der zu dieser Zeit Gestalt annimmt. In mehreren deutschen Städten entstehen militärische Nachrichten­Abteilungen, deren jede aus 300 Mann besteht. Sie setzen sich aus Einheiten für Brieftauben, Fernsprech- und Funkeinheiten sowie Einheiten zum Abhören von fremdem Funkverkehr zusammen. Neben Pferden und Mauleseln verfügen sie bald auch über moderne Fahrzeuge wie Motorrä­der, Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Omnibusse. Gefunkt wird anfangs mit einigen wenigen fahrbaren und tragbaren Funkstationen aus Weltkriegsbeständen, die von den Alliierten genehmigt worden sind. Diese alten Gerätschaften werden jedoch ebenfalls bald durch moderne ersetzt. Damit die nach dem Morsealphabet gefunkten Nachrichten mög­lichst schnell und fehlerlos übermittelt werden, wird der Funkbetrieb im Exerzierdienst perfektioniert. Mit der Stoppuhr werden die Soldaten ge­drillt, um den gesamten Ablauf vom Verschlüsseln und dem Durchgeben bis zum Entschlüsseln und schließlich dem Übermitteln an die jeweilige Kommandozentrale kurz zu halten. Dabei geht man davon ab, die Funk­übungen bei Kirchenstille durchzuführen, beschäftigt vielmehr die halbe Kompanie damit, Störgeräusche in den Äther zu schicken, um die Funker der anderen Hälfte bei der Erfüllung ihrer Aufgabe zu fordern. Darüber hinaus richtet die Reichswehr in diversen Städten auch stationäre Horchdienste ein. Dort sitzen Funkhorcher an ihren Empfangsgeräten und lauschen durch Kopfhörer in den Äther. Ihre Aufgabe ist es, Funksprüche fremder Armeen aufzuschnappen und die Morsezeichen zu notieren. Da dieser Funkverkehr der Geheimhaltung wegen oft chiffriert erfolgt, sind die Horchstellen auch mit Entschlüsselungsspezialisten besetzt. Hochgra­dig verschlüsselte Funksprüche gehen an eine zentrale Chiffrierstelle im Reichswehrministerium in Berlin, die den Entzifferungsdienst wie auch die Auswertung der Ergebnisse besorgt. Die Generalität will damit Erkennt­nisse über den Stand der Rüstung sowie über militärische Aktivitäten mög­licher Kriegsgegner bekommen. Und es gibt viele mögliche Kriegsgegner in diesen Tagen. Die im Westen Deutschlands gelegenen Stationen be­lauschen vorwiegend britischen und französischen Heeresfunkverkehr, die östlich gelegenen polnischen, tschechischen und russischen.