15 die vom deutschen Militär eingeführten Modelle über Schlüsselwalzen mit geänderter Verdrahtung. Die Einführung der Enigma für den deutschen militärischen Nachrichtenverkehr zeitigt rasch Erfolge. Während so manches überkommene Handschlüsselverfahren im Ausland geknackt worden ist, ist das Mitlesen von Enigma-Nachrichten nicht möglich. Auch beim Generalstab des polnischen Heeres in Warschau registriert man, dass unter aufgefangenen deutschen Funksprüchen der Anteil derer wächst, die sich nicht entziffern lassen. Man vermutet, dass es sich um maschinenverschlüsselte Sprüche handelt und sucht Unterstützung bei Experten. Angehörige des Geheimdiensts halten am Mathematischen Institut der Universität Posen Ausschau nach talentierten Studenten, die man für einen Lehrgang in Kryptologie – der Wissenschaft der Verschlüsselung – interessieren könnte. Dass man dafür gezielt in die ehemalige preußische Provinz geht, hat den Grund, dass in dieser Region viele Studenten auch noch Deutsch sprechen, was eine elementare Voraussetzung dafür darstellt, Chiffren deutscher Texte entziffern zu können. Eine Gruppe an Studenten wird für einen Lehrgang in einer Posener Kaserne rekrutiert. In den ersten Wochen werden die Teilnehmer in die Geschichte des Verschlüsselungswesens eingeführt und mit den wichtigsten Schlüsselverfahren vertraut gemacht. In weiterer Folge werden sie dem „Biuro Szyfrów“, der kryptologischen Abteilung des polnischen Generalstabs, zugewiesen. Diese Abteilung sorgt neben der Chiffrierung des Funkverkehrs der polnischen Armee auch für Funkaufklärung nach Osten und Westen samt der Entschlüsselung und Entzifferung russischer Chiffren bzw. deutscher. Die Studenten werden zunächst in einer Posener Außenstelle in Kellerräumen der örtlichen Kommandantur auf chiffrierte deutsche Funksprüche angesetzt. Es ist ein Test, den ihre Auftraggeber dazu nutzen, sie zu beobachten, um eine endgültige Auswahl zu treffen. Im September 1932 werden der 27jährige Marian Rejewski, der 25jährige Henryk Zygalski und der 23jährige Jerzy Różycki als die vielversprechendsten Kandidaten ausgewählt. Fortan arbeiten sie im Generalstabsgebäude in Warschau. Als Kopf der Gruppe erhält Rejewski einen besonderen Auftrag. Er soll sich mit den mysteriösen Chiffren auseinandersetzen, die jetzt immer häufiger auftreten – mit den Chiffren der Enigma. Die Chiffriermaschine Enigma steht für eine neue Ära – die Technisierung des bislang durch handschriftliche Verfahren dominierten Chiffrierwesens. Mit ihrer aus 26 Tasten bestehenden Tastatur erinnert sie nur äußerlich an eine Schreibmaschine. In ihrem Inneren verbirgt sich ein dichtes
Dokument
Geheimsache Enigma : Geschichte und Kryptologie der legendären
Verschlüsselungsmaschine / Wolfgang Pensold, Otmar Moritsch
Seite
15
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten