108 hörigen Suchmenüs aber per Telegraf zum Entschlüsseln über den Atlantik gesandt. Aus gutem Grund. Die amerikanische Vierwalzenbombe arbeitet zwanzig Mal schneller als die britische und verspricht nahezu jede Aufga­benstellung zeitgerecht zu lösen. Ein Durchlauf durch eine Walzenlage einer Enigma M4 mit durchschnittlich vier Stopps dauert nicht länger als 15 bis 20 Minuten. Damit ist Shark kein ernstzunehmender Gegner mehr. Ab Anfang 1944 kann in Washington und London fast der gesamte Funk­verkehr der deutschen Kriegsmarine mitgelesen werden. Man kontrolliert so gut wie alle Marineschlüssel. Mitunter sind die Standorte deutscher U-Boote den Befehlshabern der Alliierten eher bekannt als den deutschen, was oft deren Schicksal besiegelt. In den ersten drei Monaten des Jahres 1944 gehen 36 U-Boote verloren, während im gleichen Zeitraum nur drei von 3.300 Schiffen aus den Konvois der Alliierten versenkt werden. Nach einer Reihe weiterer Versenkungen deutscher Versorgungsschiffe im März 1944 lässt Dönitz erneut die Schlüsselsicherheit überprüfen und das Verfahren verschärfen. Zur Absicherung der ihm noch verbliebenen Versorgungsboote lässt er an die Kommandanten von U-Booten bezüglich ihres Treffpunkts zum Nachtanken funken, dass sie demnächst einen Offi ­ziersfunkspruch samt dem StichwortMaske erhalten würden, der nach nur ihnen bekannten Kriterien verschlüsselt sei. Einer der U-Boot-Kom­mandanten etwa hat zur Entschlüsselung dieses Texts einen neuen Spruch­schlüssel aus den Initialen der Vornamen seines Sanitätsoffiziers, seines Zweiten Offiziers und seines Steuermanns sowie aus dem ersten Buchsta ­ben des Nachnamens des Sanitätsoffiziers zu bilden. Um zu Steckerverbin ­dungen zu kommen, sollen die des ursprünglichen Offiziersschlüssels mit der Hausnummer eines bestimmten Matrosen addiert werden. Erst dann offenbart die Enigma den vorgesehenen Treffpunkt mit dem Versorgungs­boot. Ähnliche Anweisungen erhalten andere U-Boot-Kommandanten. Es ist ein Versuch, den Kreis der Mitwisser einzuschränken, um jedwede Art von Spionage wohl nicht zuletzt in den eigenen Reihen auszuschlie­ßen. Eine Erhöhung der Schlüsselsicherheit gegenüber den Alliierten lässt sich durch das Verkomplizieren des Additionsmodus aber kaum erzielen. Schließlich suchen die schnellen Bombes nicht mehr nach gefinkelten Schlüsseln, sondern attackieren die Enigma in ihrer vollen Breite. Sie haben genug Verarbeitungskapazität, um sämtliche Stellungen in kürzes­ter Zeit zu prüfen. Die Buchstabenrätsel, die zur Aufwertung der Schlüssel ersonnen werden, erzeugen in Bletchley Park und Washington insofern nur wenig Irritation. Schon bald liegen alle neuen Einstellungen vor und weitere deutsche U-Boote werden versenkt. Die Zeit der großen kryptologischen Herausforderungen ist vorüber; jetzt geht es um die rasche Verarbeitung großer Datenmengen. Am Horizont