28Die Wiener Stadtbahn im Kontext zu WienEine Stadt ist gänzlich und zu jeder Zeit einem Wandel unterworfen. Auchdie Stadt Wien bildete hierbei keine Ausnahme. Wien, so wie wir es heutemit seinen Bezirken und Stadtgrenzen kennen, befand sich im 19. Jahrhundert gerade erst im Entstehen. Durch die Eingemeindung der einzelnenBezirke und das Aufbrechen des damals noch vorhandenen Linienwallsergaben sich neue Blickachsen bzw. Hauptachsen durch die Stadt, zu berücksichtigen nicht nur für den Historiker von heute, sondern auch für denArchitekten von damals. Infolge zweier Stadterweiterungsperioden wuchsWien zu einer Millionenstadt: ein Trend, der sich bis in die Gegenwartfortsetzt. Das Automobil hatte noch keine so große Bedeutung für denTransport wie heute. Man ging davon aus, dass eine Stadtbahn das einzigeVerkehrsmittel sein würde, das jede Person in der Stadt als Erschließungsund Fortbewegungsmittel nutzen würde.Die Wiener Stadtbahn bestand aus Tief- und Hochbauten. Beide Gebäudetypen weisen bestimmte Vor- und Nachteile auf. Tiefbauten lassensich im Stadtbild beispielsweise leichter„verstecken“, jedoch warenspeziell die Tiefbauten der Wiener Stadtbahn durch den noch nichtregulierten Wienfluss und das relativ hohe Grundwasser bedroht. DerBetrieb mit Dampflokomotiven hatte ebenfalls seine Tücken, so kannman die Atmosphäre, die in den geschlossenen Haltestellen geherrschthaben muss, heutzutage kaum noch nachvollziehen. Sowohl für dieFahrgäste als auch die Bediensteten muss es eine atemraubende,schweißtreibende und äußerst schmutzige Angelegenheit gewesen sein,sich in diesen Haltestellen aufzuhalten. Auch für die Bauwerke selbststellte der Dampfbetrieb eine schwere Beeinträchtigung dar. Bedenktman die Tatsache, dass die Haltestellen in weißer bzw. in beiger Farbegehalten waren, so kann man sich die dunklen, rußbedeckten Decken undWände durchaus vorstellen. Wahrscheinlich wird es ebenfalls recht baldzu Putzabplatzungen gekommen sein, weshalb Ästhetik und Dekor sehrrasch den einstigen Eröffnungsglanz eingebüßt haben dürften. Darüberhinaus bedeuteten die Tiefbauten einen erheblichen städtebaulichenEingriff, denn die Gleisstrecken, welche die einzelnen Stationen miteinander verbanden, waren zwar in das Gelände eingeschnitten und damittiefer gelegt als das Straßenniveau, aber nicht überdacht, weshalb manzumindest den Rauch der Dampflokomotiven aus der Ferne wahrnehmenmusste. Aus der Nähe war wohl, von den Gleisen ausgehend, auch einemassive Hitzeentwicklung zu spüren.