32 Aus rein technischer Sicht ist die Wiener Vorortelinie eigentlich als Gebirgs­bahn anzusehen. 11 Eine Gebirgsbahn führt durch unwegsames Gelände und muss starke Höhenunterschiede bewältigen. 12 Sie überwindet auf ihrer Länge von 9,6 Kilometern eine Höhendifferenz von 60 Metern. Sie diente keinem touristischen Zweck, wie es etwa bei Bergbahnen überwiegend der Fall ist, und war an das restliche Schienennetz der Wiener Stadtbahn angebunden. Das Gebiet, in dem die Linie verlief, war städtebaulich nur wenig aufge­schlossen. Döbling war zwar damals bereits ein vornehmes Villenviertel, das durch diese Linie erschlossen werden sollte. Allerdings orientierte sich das Erscheinungsbild der dortigen Stationsgebäude nicht an den prunk­vollen Villen der Wiener High Society, vielmehr sind sie, ebenso wie die innerstädtischen Stationsgebäude, funktional, materialbetont und ohne Dekor gestaltet. Auf der Strecke befanden sich entweder lange Tunnelsysteme oder in die Landschaft eingeschnittene Trassen. Eine Besonderheit stellt eine dreibogige Brücke bei der Richthausenstraße in der Nähe der Station Hernals dar. Während der Planungsphase ging man davon aus, dass sich das Gebiet in der Zukunft stark entwickeln würde, indem es einen Zuzug an Geschäften, Infrastruktur und Wohnbauten geben würde. Man prog­nostizierte dem Gebiet eine starke Weiterentwicklung zu einem Zentrum pulsierenden Lebens, das sich auf einer großen Einkaufsstraße präsentie­ren sollte, ähnlich einem Boulevard zum Flanieren. Diese Prognose wurde nie erfüllt, weshalb sich das Gebiet nach wie vor alstypische Stadtrand­situation 13 zeigt. Diese Brücke stellt einen enormen Kraftakt auf konstruktionstechnischer Ebene dar, denn man baute sie auf einem absolut instabilen Boden nämlich dem ursprünglichen Flussbett des alten Alsbaches. 14 So musste man das Fundament mehr als zehn Meter in den Boden setzen. An den tiefen und breiten Pfeilerfundamenten ist ersichtlich, welch starke Schub­kräfte die Bogenkonstruktion ableiten muss. 15 Bei den Stationsbauten handelt es sich um freistehende Gebäude, also Pavillons, deren Eingangsfronten jeweils zur Stadt gewandt erscheinen. Betrachtet man die Haltestelle Unter-Döbling aus Sicht des ankommen­den Personenflusses, so erkennt man, dass der Reisende das Gebäude über eine Vorhalle betritt. Diese ist über Treppen zu erreichen und mit Vordach ausgeführt, welches durch eine filigrane, sehr zart und anmutig