123 Einen thematischen Schwerpunkt des Konvoluts bilden die Bauaufnahmen der Gürtellinie, an der Oberingenieur Stächelin direkt beteiligt war. Die Trasse der Gürtellinie verlief zwischen Heiligenstadt und Meidling-Hauptstraße und befand sich großteils auf dem Areal des alten Linienwalls, der ab 1894 abgebrochen wurde. Die Bahnstrecke führte durch hügeliges Terrain, die Ausführung wechselte zwischen Hochbahn mit gewölbten Bögen, offenen Einschnitten und Tiefbahn. Das Fotomaterial veranschaulicht die umfangreichen Bauarbeiten an der Stadtbahnstrecke sowie die Errichtung von einzelnen Haltestellen und Stationen. Besonders faszinierend sind die Bilder der Viadukt-Probebauten am Währinger Gürtel ebenso wie eine dreiteilige Fotomontage, in der die mittlere Abbildung die prächtige Währinger Brücke darstellt. Mit ihrem unverwechselbaren Erscheinungsbild prägen die markanten Stadtbahnbögen aus Ziegelmauerwerk, die eisernen Brückenkonstruktionen sowie die eleganten, weiß verputzten Stationsgebäude den Wiener Gürtel bis heute. Ein weiterer inhaltlicher Fokus der Fotodokumentation liegt auf der Regulierung des Wienflusses und dem Bau der Bahnstrecke zwischen Hütteldorf und Hauptzollamt. Die Arbeiten an der Wientallinie erfolgten ab 1894 in enger Abstimmung mit der Regulierung und partiellen Einwölbungen des Wienflusses. Der Flussverlauf musste oftmals verlegt werden, um Raum für beide Objekte zu schaffen. Der Bau gestaltete sich an jenen Punkten am schwierigsten, wo die Fundamente der Stadtbahn oft sechs bis sieben Meter unter jene der alten Nachbarhäuser reichten. 6 Zudem mussten die Arbeiten wegen Hochwassers wiederholt unterbrochen werden. Die Fotografien zeigen die anspruchsvollen Regulierungsmaßnahmen zwecks Hochwasserschutz, die Fundierungsarbeiten für die Wienflussmauer sowie den Bahnbau, etwa die Errichtung der Wienflussbrücke in Hacking oder die Baustelle im Bereich der imposanten Wientalbrücke (heute als„Brücke über die Zeile“ bekannt). Manche Aufnahmen verdeutlichen auch die Unwägbarkeiten des Projekts, wie etwa den Einsturz von Teilen des Gumpendorfer Schlachthauses am Wienflussufer. Weitere Bilder halten jene Häusergruppen fotografisch fest, die der Stadterneuerung zum Opfer fielen, Gebäude etwa entlang der Wienstraße(heute Rechte Wienzeile), der Magdalenenstraße(heute in etwa entlang der Linken Wienzeile bis zum Getreidemarkt) oder die Villa des damals bereits verstorbenen Malers Friedrich Amerling an der Gumpendorfer Linie. 7 Besonders ästhetisch ist eine dreiteilige Panorama-Aufnahme des Wiener Fotografen
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Schienenwege in die Moderne : die Wiener Stadtbahn und Otto Wagners
Architektur / Carla Camilleri, Roman Hans Gröger, Bettina Jernej, Sandra Rosenbichler, Thomas Winkler
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