15KEINVERÖFFENTLICHUNGSRECHT4„Werdet Bild!” und die Türme gehorchen, 1839„Es ist die Sonne selbst, als allmächtiges Werkzeug einer neuen Kunst, die dieseunglaubliche Arbeit vollbringt. Diesmal ist es nicht mehr der unsichere Blick desMenschen, der aus der Ferne Schatten und Licht wahrnimmt, es ist nicht mehrseine zitternde Hand, die auf vergängliches Papier die wechselhafte Gestalt derWelt bannt, die sofort wieder vergeht. Diesmal braucht man nicht mehr drei Tageauf derselben Stelle zu verbringen, um auch nur einen leblosen Schatten davonzutragen. Das Wunderwerk tut seine Arbeit im Augenblick, so zügig wie derGedanke, so schnell wie der Sonnenstrahl, der das dürre Bergland oder die kaumerschlossene Blüte trifft. Es gibt in der Bibel die schöne Stelle: ‚Gott sprach: Eswerde Licht, und es ward Licht!´ Jetzt kann man den Türmen von Notre-Damebefehlen: ‚Werdet Bild!´ und die Türme gehorchen. So wie sie Daguerre gehorchthaben, der sie eines schönen Tages zur Gänze mit sich fortgetragen hat.“Binnen weniger Wochen ist die Daguerreotypie in den Hauptstädten Europas, aber auch in vielen Städten Nordamerikas ein Begriff. In Wien berichtet die amtlicheWiener Zeitungam 22. Jänner davon, dass der PhysikerFrançois Arago das Verfahren zwei Wochen zuvor in der Akademie derWissenschaften in Paris vorgestellt hat.Zu den aufsehenerregenden Meldungen aus Frankreich gesellen sichMeldungen aus England über ein weiteres fotografisches Verfahren. Esstammt von dem wohlhabenden Privatgelehrten William Henry Fox Talbot.Talbot sieht sich durch die überraschende Veröffentlichung der Daguer-