126 wirft diese Pläne über den Haufen. Während des Krieges werden Patente und Niederlassungen des Kriegsgegners beschlagnahmt. Agfa Ansco, die US-amerikanische Tochterfirma von Agfa, hat bisher den US-amerikanischen Markt mit Schwarz-Weiß-Material und AgfacolorFilmen versorgt, muss aber mit Kriegseintritt der USA die Produktion einstellen. Nach der Beschlagnahme des gesamten Betriebes durch die US-Regierung wird die Produktion wieder aufgenommen. Nunmehr ein US-amerikanisches Unternehmen, streicht Ansco den Beinamen Agfa. Der auf Basis des Agfacolor-NeuFilms entwickelte und 1943 vorgestellte Anscocolor -Film wird für den Amateurmarkt freigegeben und Ansco errichtet eine auf Massenabfertigung ausgerichtete Entwicklungsanstalt für die Ausarbeitung der Filme. Auf der anderen Seite profitiert auch die deutsche Firma Agfa vom Krieg. Im Windschatten der nationalsozialistischen Kriegspolitik kann man die Exporte in die überfallenen und unterdrückten europäischen Länder deutlich steigern. Angesichts der Bedeutung der Fotografie und des Kinos für die Propaganda des NS-Regimes wird überdies klar, wie wichtig die Produktion der zu Agfa gehörenden Filmfabrik in Wolfen für die Kriegsführung ist. 1943 erhält sie sogar ein eigenes Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück zugestanden, in dem Hunderte ihr zugewiesene Zwangsarbeiterinnen unter erbärmlichen Umständen Sklavendienste verrichten. Nach dem Zusammenbruch Hitlerdeutschlands und dem Kriegsende erweist sich der Neubeginn als schwierig. Die Amerikaner transportieren zahlreiche Kisten mit Unterlagen und Gerätschaften zum AgfacolorVerfahren aus der zerstörten Fabrik in Wolfen ab. In der Folge wird das AgfacolorHerstellungsverfahren in amerikanischen und britischen Fachzeitschriften veröffentlicht, was zu dessen internationaler Verbreitung und Ausbeutung führt. Danach fällt die Filmfabrik Wolfen der sowjetischen Besatzung in die Hände. Die Sowjets verlangen als Kompensation für die materiellen Schäden an ihren Fabriken neben deutschen Produktionsanlagen auch immaterielle Reparationsleistungen wie das AgfaFarbfilmverfahren samt einigen ehemaligen AgfaWissenschaftlern, die in die Sowjetunion dienstverpflichtet werden. Durch die Veröffentlichung des AgfaKnow-hows steigt in der Nachkriegszeit die Zahl der Anbieter von Farbfilmen sprunghaft an. „Die Welt ist bunt!“ Unter diesem Motto präsentiert sich die Farbfotografie in der Nachkriegszeit. Die Industrie will den Amateurmarkt erobern und lässt verlauten, die Zukunft gehöre der Farbfotografie, denn „erst das farbige Photo bringt Leben in Ihr Bild, und nur das farbige Photo vermag Ihnen die lebensnahe Erinnerung
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Es werde Bild! : Geschichte der Fotokamera / Wolfgang Pensold, Eva Tamara Asboth, Otmar Moritsch
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126
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