Franz RendlKriegskost: Mangelversorgung undLebensmittelersatz37RationierungZu Beginn des Krieges, im Sommer 1914, wog auch unter Fachleutenaus Wirtschaft und Militär die Ansicht vor, dass er nicht lange dauernwerde.1Einerseits würde das die Verflechtung der Wirtschaft nicht zu lassen, und andererseits könne ein Krieg mit den neuen zerstörerischenWaffen gar nicht lange währen. So waren für eine längere Dauer auchkeine Vorkehrungen getroffen worden. Die Rekrutierung von Soldaten,die Bereitstellung der für die Versorgung und Verpflegung der Soldatennötigen Lebensmittel wie auch aller für den Transport erforderlichenFahrzeuge und Zugtiere hatten Auswirkungen auf die Versorgung imHinterland. Vorräte waren nicht in dem Ausmaß vorhanden, wie dies füreinen längeren Krieg nötig gewesen wäre. Die laufende Ernte erfolgtebereits unter ersten Einschränkungen. Die Seeblockade der Kriegsgegner verhinderte Importe aus Übersee, der für Österreich-Ungarnunglückliche Kriegsverlauf – rasch gingen Galizien und ein Teil derBukowina verloren – machte Einfuhren aus den einstigen Kornkammerndes Habsburgerreiches unmöglich. Dies und die Reduktion der Lieferungen aus Ungarn trugen zur bald einsetzenden Mangelsituation, vorallem in Wien, bei. Bereits im Oktober 1914 wurde zur Sicherung derVersorgung eine Streckung des Brotmehls(aus Weizen oder Roggen)mit einem Anteil von 30 Prozent Ersatzmehl verordnet. Zugelassenwaren Gersten-, Mais- und Kartoffelmehl sowie Kartoffelbrei. SchonAnfang 1915 wurde der Ersatzmehlanteil auf 50 Prozent erhöht.2Zur Organisation der Versorgung wurde nach und nach für jedenProduktionszweig eine Zentrale geschaffen. Einer KriegsgetreideVerkehrsanstalt im Jahr 1915 folgten eine Öl- und Fettzentrale, eineKriegskaffeezentrale, eine Zuckerzentrale usw., insgesamt waren es 91Zentralen, 20 davon für Lebensmittel. Alle Erträge und Produktionen1KRIEGSKOCHBUCH, 1916