104 Rhythmisieren, trösten, beruhigen Den Takt angeben, das Marschieren rhythmisieren, die Bewegungen vieler Körper zu einem einzigen, kräftigen Ganzen vereinheitlichen das kann die militärische Blasmusikkapelle. Musik wurde also benötigt, um den Menschen die Schlagworte der Propaganda noch effizienter einzutrichtern und die Verherrlichung des Krieges in die Herzen und Seelen der durch die gemeinsame musikalische Erfahrung des Mar­schierens im Rhythmus noch kampfbereiteren Soldaten zu tragen. Die Synchronisierung von Bewegung in einer Gruppe wird durch Rhythmus­vorgabe erleichtert. Deshalb waren Blasinstrumente, Trommeln, Tschi­nellen und Signalinstrumente wichtiger Bestandteil der musikalischen Aufrüstung des Militärs. Emotionen können durch Musik ohne rationale Umwege direkt angesprochen und auch gelenkt werden. Wie synchrone Bewegungen steigert gemeinsames Hören, mehr noch gemeinsames Musizieren oder Singen, den Korpsgeist und erhöht erwiesenermaßen die Kooperationsbereitschaft innerhalb der Gruppe, macht sie jedoch auch leichter verführbar. Das Ich wird zum Wir, synchronisierende Rituale geben dem Kollektiv ein Gefühl der Stärke, die Gruppe wird als größer empfunden, als sie tatsächlich ist im Krieg wird damit auch der Feind subjektiv kleiner. Biologisch erklärt sich der Vorgang des Synchronisierens als ein durch die sogenannten Spiegelneuronen ermöglichter Akt des wechselseitigen Nachahmens. Die so erreichte Konformität wird, sehr verkürzt beschrieben, mit dem Glückshormon Dopamin belohnt. Im Rhythmus zusammen bleiben macht also stark und glücklich. Die Fähigkeit von Musik, Menschen und Gruppen von Menschen zu motivieren, zu energetisieren und emotio­nal zu binden und als Taktvorgabe zur Mechanisierung von Körpern zu fungieren, kann eine sehr mächtige sein. Aus dieser Perspektive kann Musik also durchaus als Teil des militärischen Waffenarsenals bezeich­net werden. Musik tröstet auch, hilft dem Individuum, im Schützengraben psychisch zu überleben. Sie kann die Erinnerung andas Schöne bewahren, an Werte und das Wertvolle, an Normalität, Liebe und Glauben. Sie erin­nert an das Zuhause und beschwört die Fundamente des Menschseins über die Frontverläufe hinweg. Ein wichtiges Instrument ist dabei die Mundharmonika.