18 Schulpflicht die Unterrichtsfächer nach dem Geschlecht festgelegt, somit waren Mädchen von vielen Berufen ausgeschlossen. Die Schultypen unter­teilten sich in Trivial-, Haupt- und Normalschulen, wobeieigene Schulen für die Mägdlein zu errichten sein sollten. Dort wurden sie neben den Elementargegenständen auchim Nähen, Stricken und in anderen ihrem Geschlechte angemessenen Dingen 2 unterrichtet.Nach dem Vormittags­unterricht erhielt Caroline zusätzlich Unterweisung in der Herstellung von Näharbeiten, um die gesamte Familie mit warmer Kleidung zu versorgen. Im Alter von vierzehn Jahren prägte sie ein gemeinsam mit dem Vater be­obachtetes astronomisches Ereignis: ihre erste Sonnenfinsternis. Vater und Tochter richteten, um ihr Augenlicht zu schützen, ihren Blick nicht himmel­wärts, sondern nutzten die ruhige Wasseroberfläche eines Wasserbottichs, in dem sich das Schauspiel abbildete. Bereits 1762 hatte Nicole-Reine Lepaute 3 die exakte Zeit dieser Sonnenfinsternis für den 1. April 1764 vorausberechnet. Caroline Herschel beneidete ihre älteren Brüder um die mit dem Vater hitzig geführten Diskussionen über das Universum. Gerne wäre sie ein Teil dieser Gespräche gewesen. Bis dahin war ihr nur die Rolle der Zuhörerin zugewiesen. Sie wollte ein selbstbestimmtes Leben führen und ihren eige­nen Lebensunterhalt bestreiten. Dieser Wunsch wurde durch die Aussagen ihres Vaters bestärkt, wonach sie für eine gute Heirat nicht schön und reich genug sei. In Ermangelung von Französischkenntnissen hätte sie nie eine Anstellung als Gouvernante, ein damals für ihren Stand adäquater Frauen­beruf, bekommen. Um nicht einAbigail 4 zu werden, übte sie heimlich, während ihre Familie auswärts weilte, mit einem Knebel im Mund Triller und Kadenzen und perfektionierte ihre Fähigkeiten in Näharbeiten mit Perlen, Schmelz und Rosshaar. Durch eigene Arbeit versuchte sie diesen für sie so beengenden und von der Mutter dominierten Verhältnissen zu entfliehen. In vielen Briefwechseln mit ihrem geliebten Bruder(Friedrich) Wilhelm Herschel, der im berühmten britischen Badeort Bath als Orga­nist und Konzertleiter arbeitete, beklagte sie ihre Situation. Er stellte ihr in Aussicht, sie zur Solistin für seinen Chor ausbilden zu lassen. Wilhelm Herschel versprach seiner Mutter, monatlich Geld für eine Haushaltshilfe zu überweisen. Somit kaufte er seine Schwester frei, die dann als Zweiund­zwanzigjährige die beschwerliche Reise mit Postkutsche und Schiff antrat, um sich auf ein Abenteuer einzulassen. In Wilhelm fand sie nicht nur einen verständnisvollen Bruder, sondern auch einen guten, wenn auch unerbitt­lichen Lehrmeister. Er lehrte sie die englische Sprache, führte sie in die Gesellschaft ein und übertrug ihr die Orchesterleitung. Die Entlohnung bestand in freier Kost und Logis und anlässlich eines großen Konzertes,