65zehrend. Als Höhepunkt ihrer Amerikareise erhielt sie aus den Händendes amerikanischen Präsidenten Warren G. Harding ein Gramm Radium– begleitet von den Worten, sie habe„(…) nicht nur ein gewaltiges Werkgeschaffen, sondern auch die Aufgabe der Frau erfüllt.“12Marie Curie oder„Madame Curie“, wie sie auch respektvoll genanntwurde, hatte mittlerweile einen enormen Bekanntheitsgrad erreicht. DieEhrfurcht vor ihrer Forschung ging so weit, dass Anfang der 1930er-Jahreder Pariser Polizeipräfekt den Verkehr um das Pantheon umleiten ließ,um die sensiblen Messgeräte der Forscherin im nahegelegenen Physikinstitut nicht zu irritieren. Eine große Stütze bei den Forschungen war ihreältere Tochter Irène, die ihren Forscherkollegen Frédéric Joliot ehelichte.Beide untersuchten die künstliche Radioaktivität und erhielten dafür 1935gemeinsam den Nobelpreis. Diesen Triumph konnte Marie Curie leidernicht mehr miterleben, sie verstarb am 4. Juli 1934 im Alter von 66 Jahrenan den Folgen einer Anämie, die wahrscheinlich auf den ungeschütztenUmgang mit radioaktiven Stoffen zurückzuführen war. Die zweite Auflageihres großen Werkes zur Radioaktivität erschien ein Jahr nach ihrem Tod,herausgegeben von ihrer Tochter Ève.Für viele Frauen war Marie Curie ein Vorbild in ihrem Selbstverständnisfür gleiche Bildungs- und Berufschancen von Frau und Mann. Dass diesejedoch in der Praxis auch zu überzogenen Erwartungen führen können,beschreibt die Wissenschaftshistorikerin Margaret Rossiter in ihren Ausführungen über den„Marie-Curie-Effekt“. Dieser besagt, dass jede Frau, diesich in die Männerwelt Wissenschaft hineinwagt, eine Marie Curie zu seinhat – eine herausragende Wissenschaftlerin, eine Ausnahmefrau.13Marie Sklodowska-Curie, die wir heute wohl als„Vorzeigefrau“ beschreiben würden, schaffte es – dank ihrer guten persönlichen Voraussetzungen– wissenschaftliche Meilensteine zu setzen. Mit dem ihr eigenen Selbstvertrauen setzte sie sich über Konventionen hinweg und kämpfte für dasErreichen ihrer Ziele.Seit 1901 erhielten erst 18 Frauen einen naturwissenschaftlichen Nobelpreis: zwölfmal für Medizin, viermal für Chemie und zweimal für Physik.