64 die Leere, die ihr Gatte hinterlassen hatte, zu bekämpfen. So manche Liai­son wurde ihr nachgesagt, was immer großes mediales Interesse nach sich zog und letztlich dazu führte, dass sie zunehmend die Öffentlichkeit mied. Trotz dieser Widrigkeiten trieb sie die Erforschung der Radioaktivität wei­ter voran, publizierte, organisierte Kongresse und baute ein neues moder­nes Labor auf das Radium-Institut. 1911 erhielt sie als erster Mensch einen zweiten Nobelpreis, diesmal in Chemie, für die Entdeckung und Isolierung des Radiums. Selbst die herausragenden Leistungen von Frauen wie Marie Curie konnten frauenfeindliche Vorurteile dieser Zeit nicht beseitigen. Wie ihre Biografie zeigte, erlangte sie durch ihre vielen Aus ­zeichnungen nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen einen unglaublichen Bekanntheitsgrad, den sie auch im Streben um die Gleichberechtigung zu nutzen wusste. So setzte sie sich 1911 auf Wunsch ihrer Freundin Martha Ayrton, einer bekannten englischen Mathematikerin und Elektro­ingenieurin, für die Freilassung der inhaftierten und in den Hungerstreik getretenen Suffragetten ein. Marie Curie war immer bestrebt derSache zu dienen. So hielt sie es für selbstverständlich, während des Ersten Weltkrieges die französischen Soldaten medizinisch gut betreut zu wissen. Sie stellte ihre physikalischen Kenntnisse in den Dienst der Menschen und organisierte mit Beharrlich­keit Röntgengeräte mitsamt dem nötigen Equipment. Diese packte sie auf einen umgebauten LKW und fuhr mit ihrer damals 17-jährigen Tochter Irène in die Lazarette. Zwanzig mobile Röntgenwagen und mehr als 200 stationäre Röntgenstationen kamen zum Einsatz. Nach Beendigung des Krieges fehlten dem Radium-Institut die nötigen Geldmittel für weitere Forschungen. Als glückliche Fügung erwies sich der Besuch einer amerikanischen Journalistin. Marie Meloney, Herausge­berin des amerikanischen FrauenmagazinsThe Delineator, war von der bescheidenen und ernsten Wissenschaftlerin so beeindruckt, dass sie ihr spontan Hilfe anbot. Das von ihr gegründete Marie-Curie-Komitee mobili­sierte amerikanische Frauen und stellte die Summe von 100.000 Dollar auf. So viel kostete damals ein Gramm Radium, das sich Marie Curie so sehr für ihre weitere Forschung wünschte. Im Gegenzug sollte sie eine PR-Reise durch die USA antreten. Nach langem Überlegen willigte sie ein, unter der Bedingung, dass ihre beiden Töchter sie begleiten durften. Zu dieser Zeit wurden bei Marie Curie die Folgen jahrelanger Arbeit mit radioaktiver Strahlung ohne Schutzvorkehrung offensichtlich. Ihre angeschlagene Ge­sundheit machte lange Reisen und öffentliche Auftritte für sie sehr kräfte-