63trat seinen Siegeszug durch das gesamte Spektrum der Wissenschaft an.Besonders wurde es in der Medizin zur Krebstherapie, gegen Lupus(Autoimmunkrankheit) und krebsartige Geschwüre eingesetzt. Die„Curie-Therapie“10war geboren.1904 gründete der Industrielle Armet de Lisle eine Firma zur Radiumproduktion. So wurde aus dem radioaktiven Element der teuerste Stoff derWelt: Ein Gramm Radium kostete eine dreiviertel Million Goldfranken. Dieneu gegründete Zeitschrift„Das Radium“ verschrieb sich ebenfalls ganzdiesem Element. Pierre und Marie Curie waren seine geistigen Eigentümer. Ein Patent auf den Gewinnungsprozess bedeutete Reichtum. Dochbeide entschieden sich dagegen:„Wir haben kein Patent auf[ihn] genommen, sondern ohne jede Einschränkung sowohl die Ergebnisse unsererForschungen wie das Herstellungsverfahren des Radiums veröffentlicht.“11Diese Entscheidung gegen eine Monopolisierung förderte die rascheVerbreitung ihrer Entdeckung. Aus allen Ländern kamen wissenschaftlicheAnfragen, Huldigungen, Ehrungen und Einladungen zur Teilnahme anöffentlichen Veranstaltungen. Diese öffentliche Präsenz war dem Forscherpaar fremd und auch unerwünscht. Sie wollten sich lieber ihren Forschungen widmen. 1903 erhielt Marie Curie als erste Frau in Frankreich den Dok tortitel in Naturwissenschaften. Im selben Jahr wurden beide – gemeinsammit Henri Becquerel – mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. PierreCurie erhielt 1904 seine lang ersehnte Professur an der Sorbonne und einLabor für seine weiteren Forschungen. Mit der Geburt ihrer zweiten Tochter Ève – ebenfalls in diesem Jahr – schien der Zenit von alledem erreichtzu sein, was sich das Forscherpaar erträumt hatte. Die Gemeinsamkeitendete zwei Jahre später völlig unerwartet: Pierre Curie erlitt 1906 durcheinen Unfall mit einer Pferdekutsche tödliche Verletzungen. Diesen Schicksalsschlag konnte Marie Curie nur schwer verwinden. Im Mai desselbenJahres wurde sie zur„Ordentlichen Professorin“ mit einem Jahresgehaltvon 10.000 Franc bestellt und schließlich als Nachfolgerin an den Lehrstuhlihres Gatten berufen. Am 5. November 1906 hielt sie ihre Antrittsvorlesung. Das Interesse war enorm, nicht nur StudentInnen, sondern ebensoJournalistInnen, KünstlerInnen und interessierte BürgerInnen drängten sichin den Hörsaal. Neben ihrem Beruf als Professorin, sie betreute 27 Studierende, lag ihr auch die Bildung ihrer Töchter sehr am Herzen. Gemeinsammit WissenschaftskollegInnen gründete sie eine weiterführende Privatschule, die von den Kindern der WissenschaftlerInnen besucht wurde.Der Unterricht, ausgerichtet auf die Bedürfnisse der SchülerInnen mit vielRaum zum Experimentieren, wurde von den Gründungsmitgliedern selbstabgehalten. Marie stürzte sich in die Arbeit, um ihre trüben Gedanken und