99 neuen Thema noch einmal bei null angefangen hatte, ging es plötzlich zügig voran und ich schloss mein Studium in kurzer Zeit ab. Positiv daran war, dass mir mein neues Thema so gut gefiel, dass ich gleich mein Dokto ­ratsstudium in diesem Gebiet anschloss und auch heute noch auf diesem Gebiet arbeite. Es ist gerade in der Wissenschaft wichtig, sich immer wieder neu zu orientieren und sich nicht entmutigen zu lassen, denn Sackgassen sind einfach an der Tagesordnung. Dafür entstehen manchmal sehr unerwar­tet neue Möglichkeiten, die das ursprüngliche Ziel sogar weit übertreffen! Haben Sie Veränderungen in Ihrer Ausbildung bzw. Tätigkeit bezüglich Geschlechtergerechtigkeit beobachtet? Es gibt an der TU Wien viele Initiativen, die sich Sensibilisierung für dieses Thema zur Aufgabe gemacht haben. Außerdem gibt es Awards oder Stellen, die ausdrücklich für Frauen ausgeschrieben werden, um diese zu fördern und existierende Nachteile auszugleichen. Immer mehr Frauen schaffen es an der TU in höhere Positionen wir haben sogar eine Rekto­rin, das freut mich ganz besonders und motiviert natürlich! Gibt es Geschichten, Vorkommnisse dazu? Ich kann mich erinnern, dass ich als Studentin öfter irritiert war, wie wenig mir meine Kollegen zugetraut haben, oder wie erstaunt einige über meine Erfolge waren. Das ist meiner Meinung nach das größte Problem die Art und Weise, wie man wahrgenommen wird: Wenn einem als Frau(un­bewusst) weniger zugetraut wird als den männlichen Kollegen, hat man schon halb verloren. Ich denke, dass es wirklich wichtig ist, eben diese Wahrnehmung zu verändern bei Männern und bei Frauen. Und die zuvor angesprochenen Initiativen sind sicherlich ein Schritt in diese Richtung. Gibt es(Geschlechter-)Theorien, die Sie geprägt haben? Nein, aber ich denke sehr wohl, dass Frauen und Männer nach wie vor unterschiedlich sozialisiert werden und daraus auch gewisse Nachteile für Frauen entstehen, wie z. B. ein weniger selbstsicheres Auftreten. Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand in der Genderfrage in Ihrem Bereich? Da das Problem allen bewusst ist, gibt es auch verschiedene Initiativen, um Frauen zu fördern. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, denn mit ausgeschriebenen Frauenstellen gelingt es zwar, gewisse Nachteile auszu­gleichen, man schafft aber gleichzeitig auch Nährboden für den Verdacht, dass man als Frau seine Position nur aufgrund der Frauenquote bekommen hat. Ich bin trotzdem für diese Frauenstellen, denn wichtig ist vor allem, dass Frauen eine Chance erhalten, ihre Kompetenz zu beweisen.