Renée WinterVideo und Gender119Seit 2014 werden in der Österreichischen Mediathek des TechnischenMuseums Wien Home Videos gesammelt: Videos, die meist im privatenRahmen angefertigt werden, die Geburtstage, erste Schritte von Kleinkindern, erste Schultage, Reisen und Urlaube, Sport- und Kulturveranstaltungen, Hochzeiten und ähnliches dokumentieren.Video – seit den 1950er-Jahren vor allem für den professionellen Bereichentwickelt – verbreitete sich in den 1980er-Jahren rasant als private undnichtprofessionelle mediale Praxis. Einerseits zogen in die WohnzimmerVideorekorder ein, die mit der Aufzeichnung von Fernsehprogrammeneine stärkere Unabhängigkeit und Flexibilität gegenüber den durch dasFernsehen vorgegebenen Zeitstrukturen erlaubten. Andererseits wurdenVideokameras erschwinglich, die das audiovisuelle Dokumentieren privaten Lebens enorm popularisierten.Dass das Aufnahmemedium Video wesentlich preiswerter als Schmalfilmwar, begünstigte nicht nur eine generelle Demokratisierung des Zugangszur Anfertigung bewegter Bilder. Der Medientheoretiker Siegfried Zielinskiverglich die kulturelle Bedeutung sogar mit„der massenhaften Verbreitung der Photographie im 19. Jahrhundert, welche die Portraitmalerei zuguten Stücken ablöste und es auch den weniger reichen und mächtigenBürgern ermöglichte, sich abbilden zu lassen.“1Frauen hinter der KameraDas preisgünstigere Material und die Möglichkeit des Überspielens hattenauch in Familien eine tendenzielle Aufweichung der Positionen FilmendeGefilmte und eine vermehrte Kameranutzung von Frauen beziehungsweise auch von Kindern und Jugendlichen zur Folge. So hat StefanieZingl die in der Amateurfilm-Sammelaktion„Niederösterreich privat! Ihre