36dass verschiedene Truppenteile möglichst rasch und einfach miteinander kommunizieren können sollen. Aus diesem Grund erhält ab Juni1935 die Kriegsmarine, die bislang ein eigenes Enigma-Modell verwendet hat, dasselbe Modell, das Heer und Luftwaffe verwenden. Dadurchwird verschlüsselte Kommunikation zwischen den drei Wehrmachtteilen deutlich erleichtert; es müssen lediglich dieselben Tagesschlüsselbenutzt werden.Die Verwendung eines gemeinsamen Systems birgt freilich Gefahren.Gelingt dem Gegner bei einem der Wehrmachtteile ein Einbruch, sinddie beiden anderen ebenfalls bedroht. Vor allem seitens der Kriegsmarine zeigt man sich besorgt, dass die Verwendung derselben Enigma dasallgemeine Sicherheitsniveau senke, was insbesondere Marine-Einheitengefährde, die auf keinen Alternativkanal ausweichen könnten. Schließlichstellt Funk die einzige Möglichkeit dar, zu und zwischen Schiffen und Booten auf See Kontakt zu halten. Zur Kompensation erhält die Marine zusätzliche Schlüsselwalzen. Während die Enigma von Heer und Luftwaffe überdie Walzen I bis III verfügt und ihre Schlüssel somit auf einer von sechsmöglichen Walzenlagen basieren, hat die Marine neben den Walzen I bisIII auch die Nummern IV und V zur Verfügung, wodurch 60 verschiedeneLagen möglich sind. Das bedeutet für allfällige Entschlüsselungsversucheimmerhin eine Verzehnfachung des Aufwands. Zugunsten höherer Funksicherheit bedient sich die Marine überdies einer weitaus komplizierterenVerfahrensweise beim Verschlüsseln, genannt„Schlüssel M“, der sich denEntschlüsselungsversuchen der Polen weitgehend entzieht.Im Hinblick auf einen Kriegsfall bildet aber vor allem auch die zu erwartende Zunahme des Funkaufkommens ein erhebliches Geheimhaltungsproblem. Je mehr Funksprüche der Gegner auffangen kann, die auf einund denselben Schlüssel zurückgehen, umso leichter kann er in diesenSchlüssel einbrechen. Um die Menge an Funksprüchen eines Schlüsselsmöglichst gering zu halten, werden Anfang 1936 für verschiedene Institutionen wie Behörden, Führungsstäbe, das Heer oder SS-Einheitenunterschiedliche Schlüsselkreise gebildet. Es entstehen horizontale Kreiseetwa zum Nachrichtenaustausch zwischen einzelnen zusammengefasstenFührungsstellen, sowie vertikale, die den Nachrichtenverkehr von denhöchsten zu den unteren Stellen einer Einheit umfassen. Für jeden dieserKreise werden eigene Tagesschlüssel ausgegeben – wie bisher in Formgedruckter Unterlagen und meist für einen Monat im Voraus –, doch wirddie Verfahrensweise verschärft. Die Walzenlage wird ab Anfang 1936 monatlich geändert und ab Oktober 1936 wie die Ringstellungen, die Grundstellung der Walzen sowie die Steckerverbindungen(deren Zahl von sechsauf bis zu acht steigt) täglich.