38hen. Ein einzelner Funkspruch darf anfangs nicht mehr als 180 Buchstabenaufweisen. Für jeden neuen Spruch sowie für jeden Teil eines Spruchs ist inanaloger Weise übrigens auch ein neuer Spruchschlüssel zu wählen.Die von polnischen Funkhorchstationen in Posen, in der Nähe von Krakau,sowie in Starograd in Pommern aufgenommenen deutschen Funksprüchewerden zum Entschlüsseln nach Warschau gebracht. Dort werden sie samtzusätzlichen Informationen wie den von deutschen Einheiten verwendetenRufzeichen, mit denen sich die Stationen untereinander zu erkennen geben, sowie Zeiten und Frequenzen, zu und auf denen sie senden, katalogisiert. Vermerkt werden auch Eigenheiten einzelner Funker, an denen diesewiedererkannt werden können. Schließlich entwickeln Funker so etwaswie eine individuelle Handschrift beim Morsen, und Horcher ein geschultes Ohr für derartige Besonderheiten. Dank solcher Zusatzinformationenlassen sich mitunter militärische Verbände identifizieren und Schlussfolgerungen hinsichtlich ihrer Bewegungen ziehen.Was die Entzifferungsarbeit betrifft, vervielfacht sich der Aufwand, mussdoch jetzt jeder Schlüsselkreis für sich gebrochen werden. Außerdem wirddas Eindringen umso schwieriger, je weniger Chiffren pro Schlüsselkreisfür die Auswertung zur Verfügung stehen. Und durch die Erhöhung derSteckerverbindungen auf bis zu acht funktioniert Rejewskis Rastermethodezur Bestimmung der rechten Walze kaum noch. An deren Stelle tritt eineneue Methode,„metoda zegara“ genannt, also Uhrenmethode, die seinjunger Kollege Jerzy Różycki entwickelt. Sie basiert auf der statistischenHäufigkeit von Buchstabenwiederholungen in deutschen Texten, genauerauf der Tatsache, dass bei zwei beliebigen, untereinander geschriebenenTexten durchschnittlich alle 13 Stellen dieselben Buchstaben untereinander zu liegen kommen. Dies gilt auch für Enigma-Chiffren, wenn sie demselben Schlüssel entstammen, während dies bei Chiffren unterschiedlicherSchlüssel nur halb so oft vorkommt. Da ein Übertrag auf diese Statistik wieein Schlüsselwechsel wirkt, versucht Różycki zwei Funksprüche zu finden,zwischen denen ein Übertrag erfolgt ist, um Rückschlüsse auf die Walze zuziehen, die ihn verursacht hat und deshalb rechts liegen muss.Er sucht dazu zunächst in aufgefangenen Funksprüchen, von denen er dieSpruchschlüssel bereits entziffert hat, nach solchen, die auf Enigmas mitfast gleicher Ausgangsstellung chiffriert worden sind; Funksprüche wieetwa die mit den Spruchschlüsseln H-X-B und H-X-G. Diese beiden gehenauf identische Stellungen der linken und der mittleren Walze zurück(H-X),und die Stellungen der rechten Walze liegen um gezählte fünf Drehschritte(von B bis G) auseinander. Er schreibt nun die beiden Funksprüche um dieDifferenz dieser fünf Drehschritte verschoben untereinander. Solcherart auf