Top Secret Ultra –der streng geheime Gegner75Neben den Angriffen aus der Luft entfaltet Deutschland einen„ uneingeschränkten U-Boot-Krieg“. Karl Dönitz, Oberbefehlshaber der deutschenU-Boot-Flotte, will Großbritannien, das zu seiner Versorgung in hohemMaße von Importen abhängig ist, durch Versenkung seiner Frachtschiffevon überseeischen Handelsstützpunkten abschneiden und buchstäblichaushungern. In der ersten Phase des Krieges ist die deutsche U-BootWaffe aber noch vergleichsweise schwach. Dönitz ist weit davon entfernt, die Zahl an Booten zu haben, die er glaubt haben zu müssen, umGroßbritannien in die Knie zu zwingen. Die im Einsatz befindlichen Booteverfügen zudem noch über keine allzu große Reichweite. Allerdings kanner sich bei seinen Angriffsplanungen auf die Entschlüsselungen seinesFunkhorchdienstes, des so genannten„Beobachtungsdienstes“, stützen.Dem gelingt es, in Funkschlüssel der britischen Marine einzubrechen undden Funkverkehr von Schiffen, die Nachschub aus Nordamerika, Australien,Afrika sowie dem Mittleren und Nahen Osten auf die Britischen Inselntransportieren, zu lesen.Geführt wird der Krieg der U-Boote von Dönitz aus großer Entfernung,von Land aus, zunächst aus Wilhelmshaven, dann, nach der BesetzungFrankreichs, von Paris, später vom Atlantikhafen Lorient aus. Dazu versammelt er seinen Mitarbeiterstab vor großen, in Planquadrate unterteilten Karten. Darauf zeigen Markierungen die Standorte von deutschenU-Booten und Schiffen der Alliierten an, deren Position durch entschlüsselten Funkverkehr in Erfahrung gebracht werden konnte. Man berätanhand der Gesamtlage die Angriffsoperationen für die nächste Zeit undfunkt die entsprechenden Befehle an die auf See befindlichen U-Boote.Dass kein Spruch verloren geht, dafür sorgen Frequenzpläne, die festlegen, zu welchen Tageszeiten welche Frequenzen benutzt werden, fixeProgrammzeiten sowie eine Nummerierung, um kontrollieren zu können,ob jedes Boot alle Funksprüche auch aufgenommen hat bzw. wann einversäumter Spruch von der Leitstelle wiederholt wird, damit er nochaufgenommen werden kann.27Alan Mathison Turing, Jg. 1912