81Enigma-Schlüssels, wenngleich eine eingeleitete interne Untersuchungwieder keinerlei Anzeichen dafür erbringt, dass dieser kompromittiert sei.Auf Drängen der Verantwortlichen in Bletchley Park laufen bald daraufwieder britische Kriegsschiffe aus, deren Kommandanten den Auftrag haben, aktuelle Schlüsselunterlagen zu erbeuten. Sie begeben sich auf dieSuche nach einem deutschen Wetterbeobachtungsschiff, das nördlichvon Island vermutet wird. Nachdem sie es gefunden und aufgebrachthaben, erbeuten sie Schlüsselunterlagen für den Monat Juli. Anfang Juligelangen die Unterlagen zu Turing in Hut Eight, wo man mit ihrer Hilfefür den Rest des Monats binnen weniger Stunden deutsche Marinefunksprüche entziffern kann.Solche Entzifferungserfolge sind jedoch nur Erfolge auf Zeit; dessen istman sich bewusst. Irgendwann treten wieder neue Schlüsselunterlagenin Kraft, die die Möglichkeit des Mitlesens beenden. Außerdem steht diebritische Admiralität Kaperfahrten zunehmend skeptischer gegenüber. Siewill das Misstrauen auf deutscher Seite nicht noch weiter schüren.Liegen keine erbeuteten Dokumente vor, müssen die Spezialisten inHut Eight den beschwerlichen Weg gehen und mit Hilfe eines„Crib“genannten Textfragments und entsprechend aufwändiger BombeSuchläufe in aktuelle Tagesschlüssel einbrechen. Es ist ein steiniger Weg,denn schon die Suche nach Cribs gestaltet sich in der Anfangsphaseschwierig. Um zu einem Erfolg versprechenden Crib zu kommen, mussman viel deutschen Funk mitlesen können und die Gewohnheiten derFunker sowie die geltenden Verfahrensweisen kennen; umgekehrt bedarfes guter Cribs, um mitlesen und Erfahrungen gewinnen zu können. Umdiesen Teufelskreis zu durchbrechen, beginnt man damit, regelmäßigabgesetzte Funksprüche zu sammeln und deren Rufzeichen, Uhrzeit undLänge sowie die Frequenzen zu registrieren, auf denen sie gesendet bzw.wiederholt werden. Dahinter steht die Hoffnung, Routinemeldungen zuentdecken, in denen tagtäglich identische Wörter benützt werden. Mitder Zeit wird man fündig, und zwar vor allem bei Wettermeldungen, dievon deutschen Stationen in Kanalhäfen wie Boulogne und Cherbourgroutinemäßig gesendet werden. Aus ihnen lassen sich Cribs gewinnen,die Einbrüche in den deutschen Funkverkehr ermöglichen; eine Methode,die Alan Turing perfektioniert.Turing versucht zunächst ein im Funkspruch vermutlich enthaltenes Wort– beispielsweise„Wetterstation“ – in den Chiffren zu lokalisieren. An dervermuteten Stelle sucht er dann nach Beziehungsschleifen, so genannten„Closures“, wie sie zwischen Klartextbuchstaben und den daruntergeschriebenen Chiffren auftreten: Wenn etwa das erste T des Wortes