119Nicht einmal bis zur Produktion gelangt eine visionäre Variante der Enigma, das Modell M5, gedacht zur Verwendung für alle Wehrmachtteile.Basierend auf der M4 hätte es mit vier aus zwölf Schlüsselwalzen gearbeitet und damit tausende Walzenlagen ermöglicht. Darüber hinaus hätte esüber die neuen Lückenfüllerwalzen mit zahlreichen variablen Überträgenverfügt und über einen irregulären Walzenvortrieb durch separate, unterschiedlich steckbare Antriebsräder des nicht realisierten Schlüsselgeräts39. Damit wäre die Schwäche des regelmäßigen Schrittwerks der Enigmarestlos beseitigt gewesen. Aber die M5 bleibt bloße Vision.Ungeachtet ihrer Qualität, gilt für alle angedachten Veränderungen, dasssie zu spät kommen, um den Kriegsverlauf zu ändern. Patrick Mahon,der letzte Leiter von Hut Eight, meint rückblickend jedenfalls, es sei einschwerer Fehler der deutschen Seite gewesen, Verschärfungen ihresVerschlüsselungssystems jeweils nur in Einzelschritten durchzuführen. Dieshabe britischen Kryptologen immer wieder die Möglichkeit eröffnet, sie zuüberwinden. Hätte man aber beispielsweise die Innovationen des Jahres1944 frühzeitig und auf einmal umgesetzt, wäre Bletchley Park wohl paralysiert gewesen.Am 8. Mai 1945 gibt das Oberkommando der Wehrmacht über den Rundfunk bekannt, dass auf allen Kriegsschauplätzen die Kämpfe einzustellenseien. Fortan dürfe nur noch offen – also nur noch unverschlüsselt – gefunkt werden. Viele der in Geheimhaltung geschulten Nachrichtensoldatenverbrennen daraufhin ihre Schlüsselunterlagen, zerstören oder versenkenihre Enigmas im nächsten See oder Sumpf oder vergraben sie irgendwoim Wald. Dem Gegner soll keinerlei Geheimmaterial in die Hände fallen.Demgegenüber ziehen einige Teams einer britisch-amerikanischen Spezialeinheit namens„Target Intelligence Committee“ durch die befreitenGebiete, mit dem Auftrag, Funkanlagen, Enigmas und sonstige Schlüsselmaschinen samt den zugehörigen Papieren zu suchen und zu sichern. Imletzten Moment scheitert in Flensburg ein Versuch deutscher Soldaten,geheime Unterlagen der Marine-Funkaufklärung zu vergraben und so demZugriff der Sieger zu entziehen. Dadurch fallen den Alliierten Belege fürweit reichende Einbrüche des deutschen Beobachtungsdienstes in ihrenFunkverkehr in die Hände. Auf einer Burg in Sachsen finden sie deutscheDechiffrierexperten sowie tonnenweise Geheimunterlagen vor, die kurzvor dem Eintreffen sowjetischer Truppen abtransportiert werden können.Südlich von München sind deutsche Kryptologen in Gefangenschaftgeraten, die Maschinen offerieren, mit denen sie angeblich Funkschlüsselder Roten Armee gebrochen haben. Die Maschinen werden samt denMathematikern verladen und nach England gebracht. Es ist kein Einzel-