42 Von Pfauen und Engerln Delft in Holland ist berühmt für seine Keramiken; vor allem Kacheln und Fliesen sind allgemein bekannt. Doch warum ist die Delfter Ware blauweiß? Die Niederländisch-Ostindische Kompanie importierte im 17. Jahrhundert auch chinesisches Porzellan. Und um eben dieses zu imitieren, dekorierte man die eigenen Keramikwaren fast ausschließlich in Blau und erreichte mit der zusätzlichen Bleiglasur wirklich teilweise eine gewisse Ähnlichkeit. Ihre Blütezeit erlebte die Delfter Keramik zwischen 1670 und 1770. Danach führten englisches Steingut und die neuen Porzellanmanufakturen zu einem allmählichen Niedergang der Delfter Fayencen. Ein typisches Delfter Dekor ist das Pfauenmotiv, das in leicht abgewandelter Form im holländisch-belgischen Raum vorkommt. Delfter„Pfauen“ bilden mit weit über 100 Objekten den größten Einzelbestand innerhalb der Sammlung. Alle Gefäßformen sind vertreten: Albarelli, Standgefäße, Kannen und Flaschen. Nicht alle Gefäße lassen sich eindeutig Delft zuschreiben, manche mögen aus Belgien oder auch aus Nordfrankreich stammen. Die Grundelemente des Pfauendekors sind: am Scheitelpunkt der Beschriftungskartusche ein Früchtekorb, flankiert von zwei Pfauen; im unteren Teil der Kartusche ein geflügelter Engelskopf, davon ausgehend Fruchtgehänge und Quasten; häufig unterhalb des Korbes eine halbe Maske. Allein die Ausführungen der Pfauen und Engelsköpfe sind unterschiedlichste Variationen des immer gleichen Themas, von sehr fein gezeichnet(Abb. 39) bis hin zu plump und schwerfällig(Abb. 40). Doch nicht nur Pfauen und Engerl gehörten zum typischen Repertoire der Holländer und Belgier. Rund zehn Apothekengefäße der Sammlung, die dieser Region zuzuordnen sind, haben eine wellenförmige Beschriftungskartusche. Ein Teil dieser Gefäße zeigt unterhalb der Kartusche den bereits bekannten geflügelten Engelskopf und oben anstelle der Pfauen eine Art Zwiebelpflanzen, möglicherweise Schachbrettblumen. Andere Gefäße, wie das Apotheken-Standgefäß in Abb. 43, zeigen anstelle des Engelskopfes eine(Satyr-)Maske und anstatt der Pfauen zwei Singvögel mit ausgebreiteten Flügeln, die ihren Blick nach rückwärts zu einer Art Nelke wenden. Um 1800 hatten die Delfter den Höhepunkt ihrer Keramikproduktion bereits überschritten. Das Gefäß der Abb. 40 könnte ein Beweis dafür sein. Die unelegante Ausführung, besonders jene der plumpen Vögel, stammt möglicherweise schon aus dem 19. Jahrhundert.
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Von Bibergeil bis Theriak : Apothekengefäße aus den Sammlungen des
Technischen Museums Wien / Mechthild Dubbi
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