84Ein Weithals-Vierkantglas mit Deckel(Abb. 122) trägt das alchemistischeZeichenfür„Pulvis“. Das Gefäß enthielt Pulvis Sympathetic:(PulvisSympatheticus,„Sympathetisches Pulver“), hergestellt aus pulverisiertemrömischem Vitriol, einem Eisensalz. Dieses Pulver sollte Wunden auch übergroße Entfernungen hinweg heilen, wenn man es auf ein Tuch mit dem Blutder Wunde gab. Hier treffen sich Alchemie und Pharmazie am unmittelbarsten, indem nicht nur das alchemistische Symbol als Zeichen übernommen wird, sondern auch alte„unwissenschaftliche“ Inhalte mit transportiertwerden.1In2v2.NWr. 1E1IT3H22A/L5S70VIERKANTGLAS MIT HOLZDECKEL,Aufschrift: Pulvis Sympathetic:(Pulvis Sympatheticus,„Sympathetisches Pulver“)Deutschland, erste Hälfte 18. Jh.Ein Deckelgefäß aus Kobaltglas(Abb. 123) fällt gleich in mehrerlei Hinsichtaus dem Rahmen. Vermutlich stammt es aus Deutschland, aus der erstenHälfte des 19. Jahrhunderts. Darauf verweist die spitzbogige Form desBeschriftungsschildes, die in der Biedermeierzeit sehr beliebt war. Auffallend ist die teilweise recht pastose silbrig-weiße Bemalung. Bei diesemUnikat der Sammlung handelt es sich um eines der wenigen bekanntenGefäße, die auch eine Beschriftung in weißer Farbe tragen. Aufschrift(mitdem alchemistischen Zeichenθfür„Sal“):„Pulv: Fumal: Sal“(Pulvis fumalis,Räucherpulver). Bemerkenswert ist die Verwendung des alchemistischenZeichens zu einem Zeitpunkt, als diese Symbole bereits weitgehend ausden Gefäßaufschriften verschwunden waren.Die warenkundliche Sammlung des Museums mit ihrem reichhaltigen Fundus an anorganischen und organischen Rohstoffen erlaubt es, das Rezeptdieses Räucherpulvers(bis auf die benötigten Rosenblätter) aus den eigenen Beständen zusammenzustellen(Abb. 124).