60 Böhmen Das Kronland Böhmen wies eine vielfältige gewerbliche Wirtschaft auf. Hier verwerteten häufig Adelige das Pflanzenmaterial und die Mineralvor kommen auf ihrem Grundbesitz. Auch auf eine technische Ausbildung im Land wurde Wert gelegt: Bereits 1806 etablierten die Stände in Prag ein Polytechnisches Institut. Böhmens bekanntestes Produkt war Glas. Die Region besaß außerdem größere Kohlenlagerstätten und wichtige Metalle. So erzeugten 1913 381 Arbeiter im staatlichen Bergwerk in Přibram 82 Prozent des österreichischen Silbers. Zu den bedeutenden Unternehmern in der Metallbearbeitung zählte Emil von Škoda(1839–1900). Der Sohn eines Arztes betrieb technische Studien in Prag, Karlsruhe und Stuttgart. 1866 übernahm er in Pilsen die Leitung der Eisenwerke des Grafen Waldstein-Wartenberg mit rund 30 Beschäftigten und erwarb diese wenige Jahre später. Škoda lieferte Maschinen für Zuckerfabriken und Brauereien, produzierte später auch Kanonen und Geschosse für die Kriegsmarine und beschäftigte schließlich 4000 Personen. Auch die chemische Industrie nahm eine starke Entwicklung, wie ein weiteres Beispiel zeigt. 1856 trafen sich in Wien mehrere Interessenten, darunter Angehörige des Hochadels, zur Gründung einer Fabrik zur Erzeugung von Schwefelsäure, Soda, Glaubersalz und Chlorkalk. Daraus entstand der„Österreichische Verein für chemische und metallurgische Produktion“. 1857 errichteten die Teilhaber eine Fabrik im nordböhmischen Aussig. Der Standort lag günstig an der schiffbaren Elbe, an einer Eisenbahnstrecke und unweit großer Kohlenreviere. Um 1900 zählte das Unternehmen rund 2100 Beschäftigte und war damit der größte Chemiekonzern Österreich-Ungarns. In der Textilerzeugung ragte die Stadt Trautenau hervor. Um 1900 liefen dort rund 100.000 Spindeln zur Produktion von Leinenwaren, das waren zwei Dritteln aller Spindeln in Österreich. Bei der Nahrungsmittelherstellung dominierten Zucker und Bier. Vor dem ersten Weltkrieg stand der weitaus überwiegende Teil der Zuckerfabriken Zisleithaniens in Böhmen und Mähren, sie lieferten über 90 Prozent der Gesamterzeugung. Beide Länder produzierten außerdem hervorragende Biergerste sowie Hopfen; für Letzteren war vor allem Saaz bekannt. Zu den größten Betrieben dieser Branche zählten die„Bürgerliche Brauerei Pilsen“ und die„Brauerei AG Smichow“ in Prag. Lit.: Die chemische Fabrik Aussig 1901
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Draht und Drachenblut : die Warenkunde-Sammlung des Technischen
Museums Wien / Hubert Weitensfelder
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