62 Mähren Das Kronland Mähren besaß im Raum Ostrau riesige Steinkohlevorkom­men. Einer der ersten, die ihre Bedeutung erkannten, war der Geologe Franz Xaver Riepl, Professor für Warenkunde und Naturgeschichte am Wiener Polytechnischen Institut. Auf seine Anregung veranlasste 1828 der Olmützer Erzbischof Erzherzog Rudolf in Witkowitz die Errichtung eines Puddelstahlwerks. Wenige Jahre später begann der Bau der Nordbahn, wodurch sich der Stahlbedarf wesentlich erhöhte. Nun pachtete der Bankier Johann von Geymüller das Werk in Witkowitz. 1837 lieferte es die ersten gewalzten Schienen für die Nordbahn. Damals war Witkowitz ein kleines Dorf mit knapp 200 Einwohnern. Nach Geymüllers Konkurs übernahm das Bankhaus Samuel von Rothschild 1843 die Leitung der Hütte. In der Wirtschaftskrise von 1873 gründete Rothschild mit den Brüdern Gutmann dieWitkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengewerkschaft. Um 1900 war Witkowitz das führende Eisenwerk Österreich-Ungarns und eines der größ­ten weltweit. Die über 8000 Beschäftigten erzeugten u.a. Panzerplatten. Die Einwohnerzahl des Ortes war auf 12.000 gestiegen und wuchs in den folgenden Jahren weiter an. Mähren wies ferner, ähnlich wie Böhmen, eine starke Textilindustrie auf; Brünn als Zentrum der Schafwollindustrie galt als dasmährische Manchester. Insgesamt blieb das Kronland aber agrari­scher geprägt als Böhmen und Österreichisch-Schlesien. Der berühmteste Unternehmer des Landes war Tomáš Baťa(1876–1932). Der Sohn eines Schusters aus Zlín erlernte das Handwerk seines Vaters und setzte bereits früh auf den Einsatz von Maschinen. Erste Erfolge erzielte er mit der Massenproduktion preiswerter Leinenschuhe mit Gummisohlen. 1904 studierte Baťa in den USA die hoch arbeitsteilige Schuhproduktion. Nach seiner Rückkehr errichtete er in Zlín eine Fabrik, in der er die ame­rikanischen Methoden übernahm. 1914 waren bereits 2000 Personen für ihn tätig. Im Krieg versorgte er Teile der Armee mit seinen Produkten. Nach 1918 wuchs sein Unternehmen zum größten Schuhkonzern Europas an. Baťa setzte auf Fließproduktion, sorgfältig ausgewählte Arbeitskräfte, ökonomische Nutzung des Materials und Qualitätskontrolle. Außerdem betrieb er moderne Werbung und sorgte dafür, dass Schuhe zu Mode­artikeln wurden. Baťa kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Vor dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte sein Unternehmen 65.000 Menschen, davon ein Drittel im Ausland. Lit.: 100 Jahre 1928, Geršlova 2011