106HolzVor der Industrialisierung war Holz als Werkstoff und Brennmaterial fast allgegenwärtig. Man hat daher diese Epoche später als„hölzernes Zeitalter“charakterisiert. Enorme Massen wurden für die Gewinnung von Metallen,Glas und Salz verbraucht; die Vertreter der„Waldgewerbe“ erzeugten Holzkohle, Pottasche und Pech. Der Bau von Gebäuden und Schiffen bean spruchte weitere Mengen. Viele Wälder lagen allerdings in schwer zugänglichen Regionen abseits der großen Verkehrsrouten. Wo möglich, wurdedaher das schwere, aber schwimmfähige Holz auf den Wasserwegen mittelsTriftung oder Flößerei zu den Stätten seiner Verarbeitung transportiert.Der vielfältige Gebrauch führte zur Rodung großer Wälder, nur zögerndkamen Maßnahmen zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung in Gang. Inmanchen Gegenden entstand im 18. Jh. eine regelrechte„Holznot“,deren Ursachen und Bekämpfung von den Zeitgenossen heftig diskutiertwurden. Die Entdeckung und Erschließung großer Kohlenlagerstättensowie der Transport der Kohle mittels Eisenbahnen lösten das Holz zunehmend als Brennstoff ab. Nun ermöglichten mit Dampfkraft betriebeneSägen die industrielle Erzeugung von Balken und Brettern. Daraus entstanden Produkte wie Bugholzmöbel und Parkettböden sowie vermehrtTransportbehälter wie Fässer und Kisten. Ab der Mitte des 19. Jhs. dienteaußerdem Holzschliff als Rohstoff für die Papiererzeugung.Österreich-Ungarn verfügte über große Holzvorräte: Ein Drittel der unproduktiven Bodenfläche entfiel auf Wald. An Produkten wurden etwa ThonetMöbel sowie Zündhölzer hergestellt und in großen Mengen exportiert.Außerdem lebten zehntausende Heimarbeiter in höher gelegenen Gebieten von der Herstellung hölzerner Waren, darunter Tröge, Rechen, Span schachteln und Spielzeug. Durch chemischen Aufschluss des Holzes wurdeZellulose gewonnen, die u.a. zur Herstellung von Papier und Kunstseidediente. Darüber hinaus wurden Erfahrungen mit der trockenen Destillationvon Holzkohle genutzt, um weitere Produkte herzustellen, z.B. Methanol,Azeton, Essigsäure und Holzzucker. In waldreichen Regionen entstandengroße Betriebe, die aus Holz Chemikalien erzeugten. In Nagy Boczkóim Komitat Máramaros betrieb die„Clotilde – erste Ungarische AG fürchemische Industrie“ vor dem Ersten Weltkrieg ein solches Werk, auch imbosnischen Teslić bestand ein Unternehmen.Lit.: Radkau 2007