112 Leder Leder ist eine durch Gerbung auf chemischem Weg konservierte Tierhaut. Es ist fest, zäh und geschmeidig, hält Wasser gut ab und ist dennoch at­mungsaktiv. Häute fallen ganz überwiegend bei der Fleischerzeugung an. Die meisten liefern Rinder und Kälber, Schafe und Ziegen sowie Schweine. Dazu kommen viele weitere Tiere, darunter Pferde, Fische, Krokodile und Schlangen. Tierart, Gerbweise und die vorgesehene Verwendung bestim­men den Charakter von Ledersorten. Die ältesten überlieferten Gegenstände aus Leder sind rund 5500 Jahre alt. Seit dem europäischen Mittelalter waren seine Erzeuger, die Gerber, in Zünften organisiert. Rot- oder Lohgerber bearbeiteten mit pflanzlichen Gerbstoffen große Häute. Weißgerber verwendeten Alaun für dünnere Leder, Sämischgerber erzeugten mittels Fettgerbung wasserdichtes Leder. Gerber benötigten viel Wasser. Zu ihren Berufsrisiken zählten Rheuma und Infektionskrankheiten. Ihr Umgang mit stinkendem organischen Material führte in den Städten oft zu Konflikten. Seit dem 18. Jh. setzten sich, von England ausgehend, Methoden zurSchnellgerbung durch. Die dabei verwendeten Abfolgen zunehmend konzentrierterer Gerbbrühen vergrö­ßerten die Erzeugungskapazitäten. Leder bildete die Grundlage für eine Unzahl von Produkten. Für den militäri ­schen Bedarf entstanden Rüstungen und Helme, Bogensehnen und Pfeil ­köcher sowie Behälter für Messer und Handfeuerwaffen. Die Nutzung von Tieren erleichterten Sättel und Satteltaschen, Zaumzeug und Geschirre, Peitschen, Halsbänder und Leinen. Im Transport und Handel fand das Material Verwendung für Kisten und Koffer, Riemen und Gurte sowie für die Ausstattung von Kutschen, Eisenbahnen und später von Automobilen und Flugzeugen. Beschäftigte in Bergbau, Industrie und Gewerbe verwendeten Leder für Blasbälge und Ventile, Dichtungen und Scharniere, für Textilkar ­den, Treibriemen und Lithografiewalzen, zum Filtrieren und Polieren sowie zur Erzeugung von Musikinstrumenten. Haushalte profitierten von Tapeten, Bucheinbänden, Etuis und Futteralen, Taschen und Geldbörsen. Lederwa ­ren für den alltäglichen Gebrauch wurden oft geprägt, mit Lack oder Firnis überzogen, gefärbt oder auf andere Art verziert. Besonders vielfältigen Ein­satz erfuhren Kleidungsstücke aus Leder, und zwar von Kopf bis Fuß: Hüte, Mäntel, Jacken, Handschuhe, Hosen, Gürtel und Schuhe. Lit.: Koesling 1999, Kroker 2000