126AsbestAsbest ist der Sammelbegriff für eine Reihe natürlicher faserförmiger Silikat minerale. Er ist gleichermaßen feuerfestes Mineral und verspinnbare Faser.Man unterscheidet zwei große Gruppen: den Serpentin- oder Weißasbest,auf den 90 bis 95 Prozent der Produktion entfallen, und den weitaus gefährlicheren Amphibol- bzw. Blauasbest. Dieser ist berüchtigt durch die Erkrankungen, die er bewirkt: Asbestose(eine Verhärtung des Lungen-, Rippenfellund Lungenfellgewebes), Lungen- und Lungensackkrebs.Im Vergleich mit anderen Mineralien weist Asbest eine kurze Nutzungsgeschichte auf. 1855 wurde er auf der Weltausstellung in Paris als technischverwendbares Material vorgestellt, wenige Jahre später begann seineindustrielle Verarbeitung. Damals wurden in der kanadischen ProvinzQuebec große Lagerstätten entdeckt, auch das südliche Afrika wieserhebliche Vorkommen auf. Ein kommerziell sehr erfolgreiches Erzeugnisentwickelte der aus Mähren stammende gelernte Bierbrauer Ludwig Hatschek(1856–1914). Er erwarb 1893 in Vöcklabruck(Oberösterreich) eine As bestspinnerei und suchte nach einem Produkt, das sich in großen Mengenabsetzen ließ. Nach jahrelangen Experimenten vermischte er schließlichPortlandzement mit Asbest unter reichlicher Zugabe von Wasser und formte daraus leichte und hitzebeständige Dachbedeckungen. Um 1900 ließsich Hatschek diese Erfindung in Österreich und Deutschland patentieren,sie wurde unter der Bezeichnung„Eternit“ ein internationaler Begriff.Die gesundheitschädigenden Folgen des Umgangs mit Asbest wurden inden 1920er Jahren bekannt. Dennoch fand das Mineral noch weitere 60Jahre in über 3500 Erzeugnissen Verwendung. Dazu zählten Zement undDichtungen, Textil- und Kunststoffprodukte, Pappe und Papier, Bremsund Kupplungsbeläge, Feinfilter und Spritzmassen. Weitaus am meistenAsbest wurde in den USA verarbeitet, obwohl das Land nur wenig Rohasbest förderte. 1979 erreichte der Verbrauch mit knapp fünf MillionenTonnen den Höhepunkt. Danach begannen die Bedenken zu überwiegen,und Asbest wurde zunehmend durch andere Stoffe ersetzt. Wegen seinervielfältigen Verwendbarkeit war dafür aber eine große Zahl von Substituten notwendig. Mit Anfang des Jahres 2005 wurde die Erzeugung undVerwendung in ganz Europa verboten. Bis heute werden in vielen Staatenasbesthaltige Produkte aufwendig saniert und entsorgt.Lit.: Büttner 2004, Höper 2008, Wetzenkircher 2016